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ich ihm noch obendrein etwaS anderes geben, das unter Prüdern
feine tausend Reichsthalcr werth ist. Er kann reich damit werden.
Will. Aber wie, lieber Herr Witt, obendrein?
Witt. Es ist nichts. Es ist ein bloßes Histörchen. — Ich
hatte hier in meiner Jugend einen Wcinhändlcr zum Nachbar,
ein gar drolliges Männchen, Herr Grell mit Namen, der hatte
sich eine einzige Redensart angewöhnt, die brachte ihn zum Thore
hinaus.
Will. Ei, das wäre! Die hieß?
Witt. Wenn man ihn manchmal fragte: "Wie steht's, Herr
Grell? Was haben sie bei dem Handel gewonnen?« — Eine
Kleinigkeit«, fing er an. »Ein fünfzig Thälerchen etwa. Was
will das machen?« — Oder wenn man ihn anredete: »Nun, Herr
Grell? Sie haben ja auch bei dem Bankerotte verloren?« —
»Ach was!« sagte er wieder, »cs ist der Rede nicht werth. Eine
Kleinigkeit von ein Hunderter fünf.« — Er faß in schönen Um¬
standen, der Mann; aber, wie gesagt, die einzige, verwünschte
Redensart hob rhn glatt aus dem Sattel. Er mußte zum Thore
damit hinaus. — Wie viel war es doch, Herr Will, das er
wollte?
Will. Ich bat um einhundert Reichsthalcr, lieber Herr Witt.
Witt. Ja recht! Mein Gedächtniß verläßt mich. — Aber
ich hatte da noch einen anderen Nachbar, das war der Kornhänd¬
ler Herr Tamm, der baute mit einer anderen Redensart das ganze
Haus auf, mit Hintergebäuden und Waarenlager. — Was dünkt
ihm dazu?
Will. Ei um's Himmels willen! Die möcht' ich wissen. —
Die hieß?
Witt. Wenn ich.ihn manchmal fragte: »Wie steht's, Herr
Tamm? Was haben sie bei dem Handel verdient?« — »Ach
viel Geld!« fing er an, »viel Geld! fund da sah man, wie ihm
das Herz im Leibe lachte.) Ganzer einhundert Reichsthalcr!« —
Oder wenn man ihn anredete: »Was ist Ihnen? Warum so
mürrisch, Herr Tamm?« — »Ach!« sagte er wieder, »ich habe
viel Geld verloren, viel Geld! Ganzer fünfzig Reichsthalcr.« —
Er hatte klein angefangen, der Mann; aber, wie gesagt, das
ganze große Haus baute er auf, mit Hintergebäuden und Waa¬
renlager. —r Nun, Herr Will, welche Redensart gefällt ihm
nun besser?