ordnung da stand, verscheuchte im Augenblick diese flüchtigen Schaa-
ren, und Herzog Bernhard nahm durch Eroberung der Wahl¬
statt, auf welche bald nachher die Einnahme Leipzigs folgte, un¬
bestrittenen Besitz von allen Rechten des Siegers.
Aber ein theurer Sieg, ein trauriger Triumph! Jetzt erst, nach¬
dem die Wuth des Kampfes erkaltet ist, empfindet man die ganze
Größe des empfundenen Verlustes, und das Zubelgeschrei der Über¬
winder erstirbt in einer stummen, finstern Verzweiflung. Er, der
sie in den Streit hinausgeführt hatte, ist nicht mit zurückgekehrt.
Draußen liegt er in seiner gewonnenen Schlacht, mit dem gemei¬
nen Haufen niedriger Todten verwechselt. Rach langem vergeblichen
Suchen entdeckt man endlich den königlichen Leichnam unfern des
großen Steins, der schon 100 Jahre vorher zwischen dem Floßgra¬
ben und Lützen gesehen worden, aber von dem merkwürdigen Un¬
glücksfalle dieses Tages den Namen des Schwedensteines führt.
Von Blut und Wunden bis zum Unkenntlichen entstellt, von den
Hufen der Pferde zertreten, und durch räuberische Hände seines
Schmucks, seiner Kleider beraubt, wird er unter einem Hügel von
Todten hervorgezogen, nach Wcißcnfcls gebracht, und dort dem
Wehklagen seiner Truppen, den letzten Umarmungen der Königin
überliefert. Den ersten Tribut hatte die Rache geheischt, und
Blut mußte dem Monarchen zum Sühnopfer strömen; jetzt tritt
die Liebe in ihre Rechte ein, und milde Thränen fließen um den
Menschen. Der allgemeine Schmerz verschlingt jedes einzelne Lei¬
den. Don dem betäubenden Schlage noch besinnungslos, stehen die
Anführer in dumpfer Erstarrung um seine Bahre, und keiner ge¬
traut sich noch, den ganzen Umfang dieses Verlustes zu denken.
Der Kaiser, erzählt uns Khevcnhillcr, zeigte beim Anblick
des blutigen Kollers, den man dem Könige in der Schlacht abge¬
nommen und nach Wien geschickt hatte, eine anständige Rührung,
die ihm wahrscheinlich auch von Herzen ging. »Gern«, rief er aus,
«hätte ich dem Unglücklichen ein längeres Leben und eine fröhliche
Rückkehr in sein Königreich gegönnt, wenn nur in Deutschland
Friede geworden wäre!« —
(Fr. v. Schiller.)