Full text: Für Schüler von 13 bis 16 Jahren (Theil 3)

ordnung da stand, verscheuchte im Augenblick diese flüchtigen Schaa- 
ren, und Herzog Bernhard nahm durch Eroberung der Wahl¬ 
statt, auf welche bald nachher die Einnahme Leipzigs folgte, un¬ 
bestrittenen Besitz von allen Rechten des Siegers. 
Aber ein theurer Sieg, ein trauriger Triumph! Jetzt erst, nach¬ 
dem die Wuth des Kampfes erkaltet ist, empfindet man die ganze 
Größe des empfundenen Verlustes, und das Zubelgeschrei der Über¬ 
winder erstirbt in einer stummen, finstern Verzweiflung. Er, der 
sie in den Streit hinausgeführt hatte, ist nicht mit zurückgekehrt. 
Draußen liegt er in seiner gewonnenen Schlacht, mit dem gemei¬ 
nen Haufen niedriger Todten verwechselt. Rach langem vergeblichen 
Suchen entdeckt man endlich den königlichen Leichnam unfern des 
großen Steins, der schon 100 Jahre vorher zwischen dem Floßgra¬ 
ben und Lützen gesehen worden, aber von dem merkwürdigen Un¬ 
glücksfalle dieses Tages den Namen des Schwedensteines führt. 
Von Blut und Wunden bis zum Unkenntlichen entstellt, von den 
Hufen der Pferde zertreten, und durch räuberische Hände seines 
Schmucks, seiner Kleider beraubt, wird er unter einem Hügel von 
Todten hervorgezogen, nach Wcißcnfcls gebracht, und dort dem 
Wehklagen seiner Truppen, den letzten Umarmungen der Königin 
überliefert. Den ersten Tribut hatte die Rache geheischt, und 
Blut mußte dem Monarchen zum Sühnopfer strömen; jetzt tritt 
die Liebe in ihre Rechte ein, und milde Thränen fließen um den 
Menschen. Der allgemeine Schmerz verschlingt jedes einzelne Lei¬ 
den. Don dem betäubenden Schlage noch besinnungslos, stehen die 
Anführer in dumpfer Erstarrung um seine Bahre, und keiner ge¬ 
traut sich noch, den ganzen Umfang dieses Verlustes zu denken. 
Der Kaiser, erzählt uns Khevcnhillcr, zeigte beim Anblick 
des blutigen Kollers, den man dem Könige in der Schlacht abge¬ 
nommen und nach Wien geschickt hatte, eine anständige Rührung, 
die ihm wahrscheinlich auch von Herzen ging. »Gern«, rief er aus, 
«hätte ich dem Unglücklichen ein längeres Leben und eine fröhliche 
Rückkehr in sein Königreich gegönnt, wenn nur in Deutschland 
Friede geworden wäre!« — 
(Fr. v. Schiller.)
	        
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