Full text: Für Schüler von 13 bis 16 Jahren (Theil 3)

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Wolke von ungewöhnlicher Größe und Art sichtbar. Mein Oheim 
hatte sich gesonnt, ein kaltes Wasscrbad genommen, dann liegend 
gefrühstückt und studirte; er verlangt seine Sandalen und steigt 
sogleich auf die Anhöhe, von der man die wunderbare Erscheinung 
am besten sehen konnte. Eine Wolke erhob sich — aus welchem 
Berge, konnten die Fernstehenden nicht genau wissen, erst später 
erfuhr man, daß es der Vesuv gewesen sei — deren Ähnlichkeit 
und Gestalt kein anderer Baum besser als die Pinie wiedergegeben 
haben würde. Denn gleichsam zu einem mächtigen Stamme hoch 
aufgeschossen breitete sie sich oben in mehrere Zweige aus, wie ich 
glaube, weil sie zuerst von einem (unterirdischen) heftigen Wind¬ 
stoß gehoben, dann von dem schwächer werdenden wieder sinken ge¬ 
lassen wurde, oder auch, von ihrem eigenen Gewichte überwunden, 
sich in die Breite verlor; zuweilen weiß, zuweilen schmutzig und 
grau, je nachdem sie Erde oder Asche mit sich in die Höhe ge¬ 
führt. Ihm, als einem sehr gelehrten Manne, dünkte cs gut, das 
Ereigniß in der Nähe kennen zu lernen. Er bestehlt, eine Libur- 
nica (leichtes Fahrzeug) in Bereitschaft zu setzen, und fordert mich 
auf, ihn zu begleiten, worauf ich antworte: ich zöge es vor, zu 
studiren, und zufällig hatte er mir selbst etwas zum Abschreiben 
gegeben. Er verließ das Haus und nahm Schreibtafeln mit sich. 
Die Bewohner von Retina, durch den Vorfall und die drohende 
Gefahr erschreckt, (denn dieser Ort lag am Ufer, und keine andere 
Flucht als zu Schiffe war möglich,) baten: er möge sie so großer 
Noth entreißen. Er ändert nun seinen Plan, und was er aus 
Wißbegierde unternommen, vollendet er mit dem größten Muthe. 
Er läßt die Ouadriremen (mit vier Ruderreihen versehene große 
Schiffe) in die See stechen, besteigt ein solches Schiff, um nicht 
allein den Bewohnern von Retina, sondern auch vielen anderen, 
denn die Küste war wegen ihrer schönen Lage sehr bewohnt, Bei¬ 
stand zu leisten. Er eilt dahin, von wo die anderen siiehm, und 
wendet den Lauf des Schiffes und die Steuer der Gefahr gerade 
entgegen, so furchtlos, daß er alle Bewegungen jenes Unheils, 
alle Erscheinungen, wie er sie erblickte, niederschreiben ließ und selbst 
aufzeichnete. Schon siel Asche auf die Schiffe, je näher heran, 
desto heißer und dichter; auch Bimstein und schwarze, vom Feuer 
gebrannte und zerborstene Steine. Schon war eine plötzliche Ebbe 
eingetreten, und der Einsturz des Berges hatte diese Ufer verschüttet. 
Nach einigem Bedenken: ob er umkehren solle, ruft er dem Steuer-
	        
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