Full text: Deutsches Lese- und Sprachbuch für die Oberstufen der Volks- und Bürgerschulen (Abt. 3)

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und Comptoirstuben, die Werkstätten der Künstler und Handwerker, Edel¬ 
höfe, Pacht- und Bauerhöfe wurden leer von jungen Männern, welche 
ein Herz voll Muth und einen kräftigen Arm hatten. Ein Theodore 
Körner, der als Dichter in den angenehmsten Verhältnissen zu Wien 
lebte und Bräutigam einer der liebenswürdigsten Jungfrauen war, säumte 
keinen Augenblick, die Leyer mit dem Schwerte zu vertauschen. ^Deutsch¬ 
land steht auf," schrieb er seinem Vater, „der preußische Adler erweckt 
im allen treuen Herzen durch seine Flügelschläge die großen Hoffnungen 
einer deutschen Freiheit. Meine Kunst seufzt nach ihrem Vaterlande. 
Laß mich ihr würdiger Jünger sein! — Eine große Zeit will große 
Herzen, ich fühle die Kraft in mir, eine Klippe sein zu können in dieser 
Völkerbrandung: — ich muß hinaus und dem Wogensturm die muthige 
Brust entgegeudrücken Soll ich in feiger Begeisterung meinen siegenden. 
Brüdern meinen Jubel nachleiern? Ich weiß, du wirst manche Unruhe 
erleiden müssen; die Mutter wird weinen. Gott tröste sie! Ich kann's 
euch nicht ersparen. Daß ich mein Leben wage, das gilt nicht viel, 
daß aber dies Leben mit allen Blüthenkränzen der Liebe, der Freund¬ 
schaft und der Freude geschmückt ist, und daß ich es doch wage, daß 
ich die süße Empfindung hinwerfe, die mir in der Ueberzeugung lebt, 
euch keine Unruhe, keine Angst zu bereiten, das ist ein Opfer, dem 
nur ein solcher Preis entgegengestellt werden darf." — 
So unwiderstehlich war der Strom, der Alles mit sich fortriß, 
daß selbst beherzte Frauen und Jungfrauen nicht abzuhalten waren, unter 
dem Jägermantel das zarte Geschlecht zu verbergen und mit der Büchse, 
ja mit dem Säbel in der Hand, selbst zu Rosse, sich den zum Schwerter¬ 
tänze ziehenden Schaaren kampflustig anzuschließen. Wer hat nicht ge¬ 
hört von jener Marie Werder, welche, kinderlos, schon 1806 mit ihrem 
Gatten ihr kleines Erbgut unweit Sagan in Schlesien verlassen hatte, 
um sich der Freischaar des Fürsten von Pleß anzuschließen, und 1813 
dem Ausrufe des geliebten Königs wohlbcritten zum zweiten schlesischen 
Husaren-Regimente folgte, bei welchem sie bald zum Wachtmeisterrange 
aufstieg, den Gatten selbst, für dessen Bruder sie galt, in der Schlacht 
bei Leipzig zur Ausdauer im Kampfe ermunterte, und von welchem sie 
erst, nachdem ihr das Pferd unter dem Leibe erschossen und von ihr 
eine leichte Feldbatterie genommen (er aber — gefallen, doch dem Vater¬ 
lande Triumph und Freiheit gesichert war), zu scheiden sich bewogen 
fühlte? — Wem ist jene Marie Prochaska von Potsdam unbekannt 
geblieben, welche unter dem Namen August Renz bei den Fußjägern der 
Lützow'schen Freischaar eintrat, im blutigen Kampfe bel der Göhrde 
gegen Davousts Heerhaufen, schon verwundet, noch den Steimker Hügel 
mit erstürmte, hier erst, noch schwerer getroffen, indem sie einem ge¬ 
fallenen Kameraden aufzuhelfen suchte, zu Bodew sank und zwei Tage 
darauf zu Denneberg an der Elbe den Geist aufgab? Auch jene schle¬ 
sische Jungfrau ist nicht unbekannt geblieben, welche, weil sie Anderes 
nicht zu geben batte, sich ihr schönes Haar abschnitt und den Erlös 
dafür als Beitrag zur Ausrüstung der Freiwilligen oder zur Pflege der
	        
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