Full text: Von der Reformation bis zum Tode Friedrichs des Großen (Teil 4)

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Der Nordische Krieg. 
Garde, welche später die Strelitzen stürzen half. Anfangs hatte 
Sophie diese Kriegsübungen als ein harmloses Kinderspiel angesehen. 
Bald aber schöpfte sie Verdacht und entwarf sogar einen Plan 
zur Ermordung des Prinzen. Allein der Plan wurde verraten, und 
Sophie in ein Kloster geschickt. Um diese Zeit, 1689, starb auch 
Iwan, und Peter wurde nun Alleinherrscher. Nachdem er eine neue 
Verschwörung seiner Schwester Sophie vereitelt hatte, machte er eine 
Reise ins Ausland, in der Absicht, die Regierungskunst und besonders 
das Seewesen gründlich zu erlernen. Über Deutschland reiste er nach 
Holland. Amsterdam war für ihn eine neue Welt. Das Gewühl der 
Kaufleute, der Schiffer und Matrosen, die Schleusen, Dämme, Ma- 
schinen, alles erfüllte den jungen Zar mit freudigem Erstaunen. Um 
nicht erkannt zu werden, trug er die Kleidung eines holländischen 
Schiffzimmermannes und war vom frühen Morgen bis zum späten 
Abend beschäftigt, mit allen Merkwürdigkeiten der Stadt sich bekannt 
zu machen. Von Amsterdam setzte er nach dem nahe gelegenen Dorfe 
Saardam über, dem Sitze des holländischen Schiffbaues. Hier erschien 
er als gemeiner Russe und ließ sich unter dem Namen Peter Michailow 
in die Lifte der Werkleute eintragen. Noch lange zeigte man zu Saar- 
dam die Hütte, die er bewohnte. Seine Mitgesellen nannten ihn 
nicht anders als Peter Baas, d. i. Meister Peter. Als solcher kam 
er alle Morgen mit dem Beile in der Hand auf die Schiffswerft 
und arbeitete. Nach siebenwöchentlichem Aufenthalte kehrte er nach 
Amsterdam zurück und reiste dann nach England. Hier sowohl 
wie in Holland besuchte er fleißig die Werkstätten der Künstler und 
Handwerker. Mehrere tüchtige Männer, insbesondere erfahrene See- 
leute, nahm er in seine Dienste und schickte sie nach Rußland. Dann 
reiste er über Dresden nach Wien und wollte eben weiter nach 
Italien reisen, als er die Nachricht von einem neuen Aufstande der 
Strelitzen erhielt. Ergrimmt eilte er durch Polen nach Moskau zu- 
rück, fand aber bei seiner Ankunft die Ruhe bereits hergestellt. Der 
Verdacht der Anstiftung dieser Empörung fiel wieder auf seine Schwester 
Sophie. Peter ließ zu einer furchtbaren Warnung 28 Galgen vor ihrem 
Kloster aufrichten und 150 der Hauptempörer vor ihren Augen aufknüpfen. 
Die stets zu Aufständen bereite Schar der Strelitzen, die an die Leib- 
wache der Prätorianer erinnert, wurde von Peter aufgehoben. Nach 
dem Tode Le Forts trat der begabte, aber in seinem Charakter nicht 
ganz einwandfreie Alexander Menfchikow an feinen Platz. Auch 
er unterstützte den Zaren bei seinen Reformen. Schulen und Buch- 
druckereien wurden eingerichtet, viele gebildete Ausländer ins Reich 
gezogen und die Russen selbst zur Unternehmung von Reisen angefeuert.
	        
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