Lebensweise und Ende des großen Kurfürsten.
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nicht überall durchführte, so lag die Schuld nicht an ihm. Freilich mußte
er, um seine großen Ziele zu erreichen, oft strenge Mittel anwenden, und
um der Gesamtheit des Volkes zu nützen, schnitt er in die alten Rechte
der Provinzen, des Adels und der großen Städte scharf ein. Dadurch
wälzte er die Last der Adelsherrschaft ab, beseitigte die störenden Sonder¬
interessen uud stärkte die Arbeitskraft und das Selbstgefühl des Bürgers und
des Bauern, deren Wohlfahrt gehoben werden sollte.
Gewerbe. Handel und Schulwesen. Durch die Fürsorge des
Kurfürsten gelaugten die Handwerke nach den damaligen Verhältnissen zur
Blüte, uud das Fabrikwesen nahm einen großem Aufschwung. Besonders
hob er die Wollsabrikation und sorgte dafür, daß Spinnereien eingerichtet
wurden. Da sich auf diese Weise die Gegenstände des Handels in den
kurfürstlichen Ländern bedeutend vermehrten, so verwandte Friedrich Wil¬
helm auch große Sorgfalt auf die Beförderung des Handels und Verkehrs.
Er ließ die Landstraßen verbessern und legte einen Kanal an, der die
Oder und Spree verbindet und Müllroser- oder Friedrich-Wilhelms-
Kanal heißt. Auch wurden Posten eingerichtet; diese gingen von Berlin
bis Magdeburg und bis zum Rhein nach Wesel und Cleve, andere nach
Danzig und Königsberg. — Auch die Ausbildung der Jugend lag dem
Kurfürsten am Herzen, und er wollte, daß die Kinder zur Schule angehalten
und in Gottesfurcht erzogen würden. Wissenschaft und Kunst wurden von
ihm gefördert, und durch die Erwerbung einer ansehnlichen Büchersammlung
legte er zu Berlin den Grund zur Königlichen Bibliothek. Der besondern
Guust des Kurfürsten erfreute sich der Königsberger Dichter Simon Dach,
der von ihm zum Lehrer an der dortigen Universität angestellt und sogar
mit einem Landgut beschenkt wurde.
32. Lebensweise und Ende des großen Kurfürsten.
Frömmigkeit. „Gott meine Stärke" lautete der Wahlspruch des
großen Kurfürsten, und wir wissen, daß er in allen wichtigen Angelegen¬
heiten seine Zuversicht auf den Herrn setzte. Noch in seinen spätern Jahren
hat er mit Wohlgefallen kund gegeben, wie seine Mutter ihm einst die
Lehre einprägte: „Hasse das Laster, dann wird Gott deinen
Stuhl bestätigen." Der Kurfürst hatte den festen Glauben, immer
unter Gottes unmittelbarer Führung zu stehen, der ihn oft wunderbar er¬
rettet habe. Wenn er in der schweren Zeit der Kriegsnot nicht wußte,
was das Beste sei zu wühlen, dann flehte er in den schlaflosen Nächten
zu Gott um Rat und Hilfe, und die Gedanken, die ihm dann von oben
gegeben wurden, hielt er fest und führte sie aus. Im Felde hielt er dar¬
auf, daß die Truppen ihr Morgen- und Abendgebet verrichteten, und
wenn die Soldaten dann weiter marschieren sollten, kommandierte er:
»Mit Gott! marsch, Kinder!" Alle Erfolge uud Siege, die ihm zu
teil wurden, schrieb er Gott zu; darum ließ er auch auf die Medaille, die
zum Andenken an den glorreichen Tag von Fehrbellin geprägt wurde, aus
die eine Seite die Psalmworte setzen: „Das ist vom Herrn geschehen und
ist ein Wunder vor unsern Augen," während auf der andern stand: „Gott
allein die Ehre."
Tod des Kurfürsten. Bis an sein Lebensende war der große
Kurfürst unablässig bestrebt, das Wohl seiner Unterthanen zu fördern.
Vor seinem Tode ermahnte er den Kurprinzen zur Liebe gegen die Unter¬
thanen und legte es ihm ans Herz, den Ruhm des Vaterlandes zu mehren.