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Der lieblose Heinrich und der fromme Jude.
Heinrich begegnete einmoldem alten l^achan, Hs
' nem sehr frommen und rechtschasnen Juden. und spotte¬
te seiner, gab ihm Schmrpfnainen und neckte ihn auf
mancherley Weise. Der alte Mann that, als ob ers
nicht merkte und ging seine Straße ruhig fort. Hcrn-
richs Vater hatte dies aus dem Fenster mir angesehen.
Als er nun nach Haufe kam, war dieser sehr betrübt
und sprach: „das hatte ich niäyz von Lrrgedacht,mein
Sohn, daß du eines alten Mannes spotten könntest.,,
Ich, Vater, sagte Heinrich, es ist ja nur ein Jude. —
,Fllurein Jude? erwiederte der Vater. Ist er darum
„schlechter, als du und ich? Ist e? nicht ein Mensch, wie
„wir ? Und übertrifft er nicht viele Christen an Frömmig¬
keit undRechtschaffenheit,indem er nach seinerErkennt-
„niß handelt? Schäme dich vor dem Gott, der sein Va-
„ter so gut als der deine ist. Unter allerley Volk, wer
„Gott fürchtet und recht thut, ist ihm angenehm.» Hein-
tich ward sehr gerührt und spottete nie wieder anderer
Juden, und als er dem alten Nathan begegnete, bat er
ihn um Vergebung. Der freute sich und sagte mit zit¬
ternder Stimme: Gott segne dich, mein Sohn!
Der Mensch und das Thkee.
Frih hatte einen sehr verständigen und liebreichen
Vater, der ihn gern belehrte, und auf alle seine Fragen
Antwort gab.
Einmal ging er auch mktihmspahieren. Da sagte
MH zu ihm: „Vater! unser Lehrer hat gesagt, der
Mensch wäre auch ein Thier. Ist das wahr?»
Du wirst, antwortete der Vater-, deinen Lehrer
nicht ganz verstanden haben. Er sagte gewiß, der
Mensch sey in mancher Absicht dem Thier gleich, und
das