Full text: Für mittlere Klassen (Theil 2)

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Neue die Flucht versuchend, ebenfalls auf dieselbe stieß und gezwungen 
auch den Kampf mit ihr bestehen mußte. Bei den häufigen Pulverblitzen 
bemerkte man alsbald auf dem holländischen Vice-Admiral-Schiffe die 
große Bedrängniß, in welcher sich die Pacht befand, und ein Officier auf 
derselben, ein alter vertrauter Waffenbruder des Capitains der Pacht, 
bat den Vice-Admiral, seinem Freunde zu Hülfe eilen zu dürfen. Er 
bestieg in kühner Hast mit bewaffneter Mannschaft ein Boot und steuerte 
jubelnd mit Siegcsgeschrei auf die Pacht los, um ihr Rettung zu brin¬ 
gen. Allein der Capitain, von dem Feuer des Geschützes geblendet^ 
hielt auch dieses Boot für nahende Feinde, und während er den Angriff 
des feindlichen Admirals tapfer abschlug, schoß er das Fahrzeug seines 
treuesten, rettenden Freundes in den Grund. 
Als der Morgen endlich nach dieser schaudervollen Nacht aufdämmerte 
und Alles übersehen ließ, strebten mehrere Schiffe, welche in der Finster¬ 
niß abgetrieben worden waren, den Ihrigen wieder zu Hülfe zu eilen. 
Don Rodrigo hatte sich hinter das fast noch unbeschädigte Schiff seines 
Vice-Admirals gelegt, wo er Schutz zu finden glaubte; allein van 
Spielbergen griff beide auf's Neue an, und es kam zwischen den Admi¬ 
ral- und Vice-Admiral-Schiffen beider Theile zu einem neuen, mörderischen 
Kampfe, der so lange unentschieden blieb, bis das holländische Schiff 
Aeolus auch herbei eilte und die Spanier dergestalt beschießen half, daß 
sie endlich ihre beiden Schiffe an einander trieben und Bord an Bord leg¬ 
ten, um aus einem derselben in das andere flüchten zu können. Das 
Vice-Admiral-Schiff war jetzt am härtesten getroffen worden, es drohte 
zuerst zu sinken; Alles floh daher auf das Admiral-Schiff hinüber. 
Allein dies befand sich in einein nicht minder elenden Zustande; der geringe 
Theil der Mannschaft, welcher noch am Leben war, eilte auf das Vor¬ 
dertheil des Schiffes, wo Einige die weiße Fahne aufsteckten. Andere 
sie wieder herabrissen und lieber zu sterben als sich zu ergeben beschlossen. 
Verzweiflung kämpfte hier gegen Verzweiflung, Feigheit gegen Muth, 
Lebenslust gegen Todesverachtung, und so den Kampf gegen die Feinde 
vergessend, trieben sich die Spanier, taub gegen die Stinnne der Befehls¬ 
haber, selbst aus einem der beiden Schiffe auf das andere. Da hatte 
sich endlich der Wind erhoben, und die Wellen warfen den holländischen 
Vice-Admiral wie einen Schiedsrichter zwischen die beiden spanischen Schiffe. 
Dies gab den Spaniern die Besinnung wieder, sie klammerten sich nun 
sofort an den Bord des feindlichen Schiffes, um es siegend zu ersteigen, 
wurden aber auch hier ahgeschlagcn, und der spanische Admiral versuchte 
nun mit vollen Segeln und vom Winde begünstigt feine letzte Rettung 
in der Flucht. Zwei holländische Schiffe verfolgten ihn, bis die Nacht 
ihn wieder verbarg, — man hat aber niemals wieder etwas von ihm 
erfahren. Während dessen hatte van Spielbergen das spanische Vice-Admiral- 
Schiff nach langem hartnäckigen Widerstände endlich doch erobert und 
die Mannschaft desselben zu Gefangenen gemacht. Sie sollte nebst 
ihrem Befehlshaber, dem Vice-Admiral, Don Pedro Alvarez de Piger, 
nunmehr vor dem Sieger erscheinen. Allein Don Pedro bestand darauf, 
sein Schiff nicht eher als nach Verlauf der nächsten Nacht verlassen 
zu wollen, indem er deshalb ein Gelübde gethan zu haben vorgab. Es 
ward ihm zugestanden, imb van Spielbergen, der Sieger, vermochte es 
über sich den heldenmüthigen Besiegten auf seinem halbzertrümmerten 
Schiffe selbst zu besuchen. Hier fand er Don Pedro mit denr Reste seiner
	        
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