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gradlinigem Fluge zwei Punkte beständigen Lichtes, zwei nervenversehene
Leuchtorgane aus dem Brustschild; die Lampyris wiegt sich in unsicheren
Linien durch die Luft mit ab- und zunehmendem Schimmer des Unter¬
leibes; und bei dem märchenhaften Scheine erschallt das Gebell und
das Gepolter der sroschähnlichen Amphibien und der helle Ton der
Heuschrecken. A. v. Chamisso.
52. Teneriffa.
Auf einer kleinen Ebene gelegen, von Gärten umringt und beherrscht
von einem Hügel, welcher mit einem Wald von Lorbeeren, Myrten und
Meerkirschbäumen bekränzt ist, hat die Hauptstadt von Teneriffa wirklich
eine der lachendsten Lagen. Man würde sich irren, wenn man nach der
Erzählung einiger Reisenden glaubte, sie liege an dem Ufer eines Sees.
Die Regenwasser bilden von Zeit zu Zeit einen ausgedehnten Sumpf,
und der Geologe, der überall mehr den vergangenen als den gegenwär¬
tigen Zustand der Natur erblickt, kann keinen Zweifel hegen, daß jene
Ebene ein großes, ausgetrocknetes Bassin sei. Die Stadt ist von einer
großen Anzahl Windmühlen umgeben, welche den Anbau des Getreides
m diesen hohem Gegenden verkündigen. Eine Menge Kapellen, welche
die Spanier Ermitas nennen, umkränzen die Stadt Laguna. Beschattet
von immergrünen Bäumen und auf kleine Erhöhungen gebaut, verstärken
die Kapellen hier, wie überall, die malerische Wirkung der Landschaft.
Das Innere der Stadt entspricht nicht ihrem Aeußern. Die Häuser sind
von einer festen, aber sehr alten Bauart, und die Straßen erscheinen
verödet. Ein Botaniker darf sich über das Alter der Gebäude nicht
beklagen. Die Dächer und die Mauern sind mit Sempervivum Canariense
und mit jener schönen Triehomanes bedeckt, von welcher alle Reisenden
gesprochen haben: häufige Nebel ernähren diese Pflanze.
Teneriffa, gleichsam am Eingänge der Tropen gelegen, nimmt,
obgleich nur um einige Schiffs-Tagereisen von Spanien entfernt, an
den Schönheiten Theil, welche die Natur in den Aequinoctial-Ländern
verschwendet hat. Die Vegetation entwickelt hier schon einige ihrer
schönsten und imposantesten Formen, jene der Bananen und Palmen.
Der für die Schönheiten der Natur empfängliche Mensch findet auf
dieser herrlichen Insel noch mächtigere Hülfsmittel als das Klima. Kein
Aufenthalt scheint mir geeigneter die Schwermuth zu verscheuchen und
einem schmerzhaft ergriffenen Gemüth seinen Frieden wieder zu geben,
als der von Teneriffa. Diese Vortheile sind nicht bloß die Wirkung
der schönen Lage und der Reinheit der Luft; man verdankt sie noch
besonders der Abwesenheit der Sklaverei, deren Anblick in beiden Indien
und überall so empörend ist, wo die europäischen Colonisten das hin¬
gebracht haben, was sie ihre Aufklärung und ihre Industrie nennen.
Die Nachbarschaft des Meeres macht Laguna im Winter gemäßig¬
ter, als es nach seiner Erhöhung über die Oberfläche des Oceans sem
sollte. Ich war fast erstaunt zu hören, daß mitten in dieser Stadt in
einem Garten Brotfruchtbäume und Zimmetbäume gepflanzt würden.
Der Anbau des Kaffeebaumes gelang nicht auf gleiche Art. Es ist
wahrscheinlich, daß einige locale Umstände, vielleicht die Beschaffenheit
des Bodens und der Winde, welche während des Blühend wehen, die
Ursache dieser Erscheinung sind.