wolle. — Flugs sprang ich mit gleichen Füßen aus den Federn, machte 
Lärm und brachte meine Mannschaft auf die Beine. Aber noch steckte 
ich selbst erst halb in einem Stiefel, so begann der Mann am Ruder 
ein Helles Geschrei, ohne daß ich eine Veranlassung dazu begriff. Ich 
stürzte hervor: „Kerl, bist du toll? Was ficht dich an?" — „Mein 
Gott! mein Gott! Da vorn mutz ein Unglück passiert sein. Sie lamen¬ 
tieren alle ganz kläglich durcheinander." 
In drei Sprüngen war ich vorn am Bug. „Was ist's? Was fehlt 
euch? Sprecht!" — „Ach, daß Gott erbarme! Der Schiffer ist über 
Bord!" — „Nun denn, nicht lange besonnen! Frisch, daß wir ihm 
helfen!" — Sogleich griff ich nach allem Tauwerk, das mir zunächst 
zur Hand kam, und ließ die Enden über Bord laufen, damit sich der 
Unglückliche vielleicht daran halten möchte. Das gleiche tat ich hinten 
auf dem Kajütendeck, aber immer noch, ohne zu wissen, nach welcher 
Seite ich ihn eigentlich zu suchen hatte, da das Schiff eine fliegende 
Fahrt lief. Endlich nahm ich wahr, daß er hinten im Kielwasser in die 
Höhe tauchte, sich in einer Entfernung von zehn oder zwanzig Klaftern 
hinter dem Schiffe zum Schwimmen umwarf und nun mit Macht zu 
rudern begann. Daß er ein fertiger Schwimmer sei, der in Ostindien 
wohl Strecken von mehr als einer Viertelmeile zurückgelegt habe, hatte 
er selbst mir oftmals erzählt und auch wohl hinzugesetzt, er glaube gar 
nicht, daß er ertrinken könne. 
Sobald ich seiner ansichtig wurde, holte ich das Ruder nach der 
Steuerbordseite, um das Schiff bei dem Wind zu legen und dadurch 
möglichst aufzuhalten. In dieser Stellung aber neigte es sich (da es 
ohnehin der tiefen Ladung wegen nur wenig Bord hielt) so übermäßig 
auf die Seite, daß sogar die Kajütentür unter Wasser geriet und dies 
wie zu einer Schleuse hineinstürzte. In dieser Lage standen wir, wenn 
sie noch einige Minuten anhielt, in der augenscheinlichsten Gefahr, auf 
der Stelle zu sinken. Ich mußte mich entschließen, das Ruder wieder 
nach der andern Seite zu holen, um das Schiff in die Höhe zu bringen, 
bevor es seinen Schwerpunkt verlöre. 
Wohl brach mir mein Herz, wenn ich an den armen Kapitän 
dachte, den wir noch von Zeit zu Zeit mit dem stürmenden Elemente 
kämpfend erblickten, so oft die Woge ihn emporhob. Es gab kein Mittel 
mehr, uns in seiner Nähe zu erhalten, da das Schiff, vom Winde ge¬ 
jagt, gleich einem Pfeile durch die Fluten dahinschoß. Der Unglückliche 
war nicht zu retten, selbst wenn wir unser eigenes Leben hätten preis-
	        
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