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lich Kunz von Kauffungen, der Prinzenräuber, hier enthauptet, und
ein aus Sandstein gehauener Kopf, der den Kopf des Kunz von
Kauffungen vorstellt, sieht noch jetzt aus einem kleinen Fenster gleich
unter dem Dache des Nathhauses auf den Richtplatz herab*).
Erfreulichere Erinnerungen bietet das hiesige Gymna¬
sium. Wie dasselbe noch jetzt eine Zierde der Stadt und des
Landes ist, so hatte dasselbe auch zu Anfange des 16. Jahrhun¬
derts einen bedeutenden Ruf erlangt. Gelehrte, wie Mosellanus
und Rivius, zählte es damals unter seinen Lehrern, und Hein¬
rich der Fromme trug kein Bedenken, seinen zweiten Prinzen,
August, zu dem Rektor Rivius in die Schule zu schicken.
Wenn das Gymnasium vorzüglich Gelehrte für das Vaterland
erzogen hat, so hat dagegen eine andere, erst in der zweiten.Hälfte
des vorigen Jahrhunderts entstandene Anstalt auch dem fernen
Auslande manchen bedeutenden Kenner des Bergbaus zugeführt.
Es ist dieß die Bergakademie. Da der Bergbau unter allen
Städten des Erzgebirgs gerade in Freiberg am meisten blüht, so
suchte schon vor Jahrhunderten, wer die Bergwerkswissenschaften
ordentlich kennen lernen wollte, in Freiberg Unterricht. Das konnte
aber nur Privatunterricht sein. Man sah sich damals mehr auf die
Erfahrung beschränkt, die man in den Bergwerken selbst machte.
Jetzt hat aber Frcibcrg seine berühmte Bergakademie. Schon
August ü. hatte im Jahre 1702 jährlich 300 Thaler für den Un-
terrricht junger Leute in den Bergwissenschastcn bestimmt; aber
was konnte denn mit 300 Thaler ausgerichtet werden? Die Berg¬
akademie besteht seit dem Jahre 1765. Der Prinz Taver, der
Stifter der Anstalt, fand in Gellert, dem Bruder des Dichters,
und Henkel treffliche Lehrer für diese Akademie. Auch Friedrich
August, der selbst Kenner der Bergwerkskunde war, begünstigte diese
Anstalt sehr, und seine Vorliebe für dieselbe, besonders aber der,
man kann wol sagen, weltberühmte Bergrath Werner brachte
t>ie Anstalt auf den höchsten Gipfel des Rufs**), so daß sie die Leh¬
rerin von vielen hundert Fremden aus allen europäischen Ländern
wurde und selbst Amerikaner nach Freiberg kamen und sich unter
die Zahl der Akademisten, die man gewöhnlich Bergstudenten nennt,
aufnehmen ließen. Auch Alexander von Humboldt und Leopold
von Buch waren Werners Schüler. Er verband mit gründlicher
Kenntniß seiner Wissenschaft zugleich einen recht anziehenden, er¬
weckenden Vortrag und besaß die Liebe seiner Zöglinge in einem
*) Kunz hatte zwar um Gnade gebeten und den Umstand geltend gemacht,
daß er ja das Leben der Prinzen geschont, als sie in seiner Gewalt gewesen;
allein seine Bitte wurde von den Beauftragten Friedrich des Sanftmüthigen
ohne Weiteres zurückgewiesen.
**) Ein Amerikaner schrieb einst ans seinem Erdtheile unter der kurzen
Adresse: „An Wernern in Europa," und der Brief gelangte wirklich an den
weltberühmten Werner.