Stadt Jnspruck sich zu bemächtigen und mithin beide Wege, welche
aus Italien durch Tyrol nach Deutschland führen, zu versperren;
als ganz Tyrol zu den Waffen griff, und ihm auch noch von
den Bundeshäuptern der Befehl ertheilt ward, Tyrol sogleich zu
raumen, weil der König Ferdinand, der Herr des Landes, den
Krieg noch nicht erklärt habe. So war der Kaiser durch die Un¬
einigkeit und Planlosigkeit seiner Gegner aus der drohenden Gefahr
gerettet und konnte seine Macht mit neuen Truppen verstärken.
Alsbald brach auch das sächsische und hessische Heer nach
Süddeutschland auf. Die beiden Bundeshäupter schickten dem
Kaiser eine förmliche Kriegeserklärung zu, in welcher es unter an¬
deren hieß: „sie seien sich keiner Widersetzlichkeit gegen ihn bewußt;
er aber habe die Absicht, ihren Glauben und die Freiheit des
Reiches gewaltsam zu unterdrücken." Da sprach der Kaiser die
Reichsacht über sie aus, nannte sie Empörer, Meineidige und
Hochverräther, die ihm Krone und Scepter nehmen wollten, und
trug dem Herzoge Moritz von Sachsen*) die Vollziehung
der Reichsacht auf. Dieser war selbst Protestant, dazu Vetter
des Kurfürsten und Schwiegersohn des Landgrafen Philipp von
Hessen. Desungeachtet hielt er es um des persönlichen Vortheiles
willen, der ihm mehr galt als Religion und Familienbande, mit
dem Kaiser; denn ihn gelüstete nach dem Besitze des benachbarten
Kurfürstenthumes. Sofort brach er mit dem Könige Ferdinand
in dasselbe ein und eroberte es innerhalb fünfzehn Tagen. Je¬
doch nicht so leicht war es, dasselbe zu behaupten. Denn kaum
hatte Johann Friedrich diese Schrekensnachricht erhalten, als er
auf der Stelle mit seinem Heere zur Wiedereroberung herbeieilte.
Der Rest des Bundesheeres aber, zu schwach und zaghaft, dem
Kaiser zu widerstehen, bat demüthig um Frieden und ging aus¬
einander. Wie im Triumphe zog Karl durch Oberdeutschland.
*) Sachsen bestand damals aus dem Kurfürstenthume und dem Her-
zogthume. Jenes gehörte der älteren oder Erneftinischen,
dieses der jüngeren oder Albertinischen Linie. Die kurfürst¬
liche Residenz war Wittenberg, die herzogliche Leipzig.