Full text: Die europäisch-germanischen Staaten (Theil 1, Abth. 2, 1, A)

Europa. Die mitteldeutschen oder thüringischen Herzog« und Fürstenthümer. 953 
mehr witzig, launia, scherzhaft, groß ist ihr Sprachreichthum an Schimpf-und Scherz¬ 
reden, zum Scherzen und Necken stets schlagfertig, die Bierstube der Tummelplatz, 
sein Maul oft ein Schwertmaul, scharf sein Urtheil, thätig, kirchlich, mehr dem poli¬ 
tischen Leben zugewendet. — r 
Der Waldbewohner Beschäftigung Holzarbelten u. Fabrikwesen, das jedoch hier weit 
weniger als im Erzgebirge ausgebildet ist, im Ganzen arm, aber ehrlich, nicht selten 
sehr lebenslustig; die Landbewohner vorzugsweis dem Acker-, Garten- und Weinbau 
zugewendet; noch herrscht viel christliche Sitte; Bibel, Predigten, Gesang- und Gebet¬ 
bücher stehen noch im Ansehen und Gebrauch unter den Landbewohnern, Glaube und 
Aberglaube gehen vielfach noch Hand in Hand; anders dagegen in den fruchtbaren 
Gegenden von Weimar und Altenburg, wo vielfach falsche Bildung an die Stelle des 
einfachen Glaubens getreten; verschieden die Tracht im Waldgebirge, auf der fränkischen, 
auf der thüringer Platte; auch hier schwinden die Volkstrachten, die im Waldgebirge 
am malerischsten. — Ackerbau und Viehzucht, Garten-, Gemüse- und Tabakbau, 
Beerensammeln, Waldarbeit und Holzflößerei, etwas Bergbau und Steinbruch, wie 
Thon- und Farbenerde-Grabereien, Hütten-, Hammer- und Salzwerke; mancherlei tech¬ 
nische Gewerbe: Glashütten, Schneidewaaren, grobe und feine Holzarbeiten, jene in 
Böttcher-, Stellmacher- u. s. w. Arbeiten bestehend, diese, besonders die Sonnenberger 
Waaren, Zündhölzchen, Holz- und Pfeifenkopfdrechselei, Tuch-, Leinen-, Baumwoll- und 
gemischte Zeugweberei, Hand- und Maschinen-Spinnerei, Porzellan-, Farben-, Ge¬ 
wehr- und Fortepianofabrikation, Schwammfabriken, Pech-und Theersiederei, Köhlerei, 
Kienrußbrennerei, zahlreiche Schneide-, auch Oel-, Papier-, Pulvermühlen; Tapeten-, 
Papiermachefabriken, Bierbrauerei und Brennerei, starke Gerberei in einigen Gegen¬ 
den. Nicht unbedeutender Handelsverkehr, viel Durchfuhrhandel bei der Lage mitten 
in Deutschland, durch die Eisenbahnen jetzt weniger als früher; der Verkehr hat seit 
der Bildung des Zollvereins um mehr als 40% zugenommen. Die Münzberechnung 
nach Thalern und Gulden, jene in den nördlichen, diese in den südlichen Theilen vor¬ 
herrschend. Eisenbahnen und zahlreiche Kunststraßen befördern den Verkehr. Die 
geistige Bildung durch viele Schulanstalten gefördert. Staatlich in drei Staaten¬ 
gruppen zertheilt: die großherzog lich und h erzo glich sä chsisch-ernestinischen 
Länder, die Fürstenthümer Reuß, die Fürstenthümer Schwarzburg; 
außerdem noch preußische und hessische Gebietsantheile oder Enklaven. Diese thürin¬ 
gischen Staaten sind durch ihre Lage der erste Kern des deutschen Zollvereins geworden. 
1. Das GroMerzogthum Sachsen-Weimar. 
66% LM. 1821 mit 208,968, 1834 mit 238,672, 1840 mit 248,480, 
1849 mit 261.,087, 1852: circa 265,000 E., circa 4000 E. auf IHM. Der N 
der thüringischen Staaten, mebrere kleine, 3 größere Staatsgebietstheile, das Fürsten¬ 
thum Eisenach im W, Jena, Weimar und Neustadt, das Fürstenthum Weimar, im 
O Preußen in seinen Rgbz. Merseburg und Erfurt, die Fürstenthümer Reuß und 
Schwarzburg, die herzoglich sächsischen Länder Altenburg, Meiningen, Coburg-Gotha, 
Churheffen und Baiern umgrenzen. — Seiner Oberfläche nach gehört Weimar, 
Jena, Eisenberg der thüringischen Platte, Neustadt der Voigtländischen 
Terrasse, Eisenach dem NWEnde des Thüringer Waldes und der Rhön an; 
nur die Enklave Ilmenau ist auf dem Thüringer Wald e gelegen; die Enklave All¬ 
st ä^dt liegt auf den Thüringischen Terrassen, fast in der Mitte zwischen Harz und 
Thüringer Wald in fruchtbarer Gegend an der Unstrut. ^ Ein reicher" Wechsel von 
Höhen und fruchtbaren Thälern, ein durch die Bodenverhältnisse 'gesegnetes Land. —
	        
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