Das Emporkommen der Hohenzollern. 183
Laien nebst dem Brote (der Hostie) der Wein gereicht werde, und trugen
daher den Kelch als Abzeichen auf ihren Fahnen. Dadurch, daß ihnen
nun der Laienkelch zugestanden wurde, spalteten sie sich in zwei Parteien:
die Gemäßigten, welche mit diesem Zugeständnis zufrieden waren und
sich Kalixtiner oder Utraqnisten ') nannten , und die Taborüen, die in Kaüxtmer und
ihren Forderungen noch weiter gingen und nach Ziskas Tod (1424) a on en
in den beiden Prokopen neue Führer gefunden hatten. Da die letzteren
in ihrem Widerstand gegen Kirche und Reich verharrten, vereinigten steh
die Utraqnisten mit Siegmund und vernichteten die Taboriten in einer
blutigen Schlacht bei Böhmisch-Brod 2) (östlich von Prag) 1434, wo die Schlacht bei
beiden Prokope fielen. Bald darauf erkannte Böhmen auch Siegmund Böhnnsch-Brod
als König an, der übrigens in dem aufgeregten Lande nicht recht
heimisch wurde. Als er 1437 das Herannahen des Todes fühlte, ließ
er sich in einer Sänfte mit einem frischen Kranz auf dem Haupt aus
dem ihm unheimlichen Prag tragen und nach Znaim in Mähren Siegmund
bringen, wo er — noch im Tode eine Schauspielernatur — sich im f 1437.
Kaiserornat und einem Sterbehemd darüber auf den Thron setzen ließ
und sein Ende erwartete. Die Leiche blieb auf seinen Befehl in diesem
Putze drei Tage lang ausgestellt, „damit jedermann sehe, daß all der
Welt Herr tot und gestorben sei."
Das Emporkommen der Hohenzollern.
Siegmund hatte während seiner Regierung zwei Fürstenhäuser be-
vorzugt, auf deren Hilfe er sich meistens stützte, in früheren Jahren die
Hohenzollern, später die Habsburger. Die Grafen von Zollern stammten Die Grafen
aus Schwaben, wo noch auf einem Bergkegel der rauhen Alp bei von Zollern.
Hechingen ihre (1850 restaurierte) Stammburg steht. Kaiser Heinrich VI.
verlieh ihnen (1191) die Burggrafenwürde von Nürnberg, wo sie als Burggrafen
Stellvertreter des Kaisers dessen Rechte der freien Reichsstadt gegenüber vo" Nürnberg,
zu wahren hatten und bei ihrem haushälterischen Sinn durch Kauf,
Tausch und Erbschaft zu ihren schwäbischen Hausgütern noch die frän-
fischen Fürstentümer Ansbach und Baireut erwarben. Ausgezeichnet
durch kaisertreue Gesinnung 3), wurden sie von Kaiser Siegmund sehr
begünstigt, der dem Burggrafen Friedrich VI. zu vielem Danke ver-
pflichtet war. Denn nicht nur, daß dieser Siegmund in der Türken-
schlecht von Nikopolis das Leben gerettet, er hatte — sparsam wie er
war — dem stets geldbedürftigen Kaiser auch bedeutende Summen vor- _
gestreckt. Um all diese Dienste zu lohnen, verlieh ihm Siegmund.auf
1) Nach dem latein. calix (= Kelch) und der Formel „sub utraque forma"
(= unter beiderlei Gestalt, d. i. unter Brot und Wein). Taboriten nannten sich die
radikalsten Husiten, weil sie nach Art des alttestamentlichen Volkes sich aus Bergen
versammelten, die sie mit biblischen Namen (Horeb, Tabor u. a.) belegten. Aus ihrem
berühmtesten befestigten Versammlungsplatz ist die Stadt Tabor im südlichen Böhmen
entstanden.
2) Vgl. bei Deutsch-Brod (1422) wurde der deutsche König, dessen Heer da-
mals übrigens größtenteils aus Ungarn bestand, bei Böhmisch-Brod (1434) die tabo-
ritischen Böhmen besiegt.
3) Friedrich III. kämpft auf dem Marchfeld für Rudolf, Friedrich IV. entscheidet
für Ludwig den Bayer die Schlacht Bei Mühldorf.