Full text: Für einjährigen Unterricht in höheren Mittelklassen berechnet (Kursus 3)

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Alte Geschichte. 
Unterdrü¬ 
ckung der 
Verschwö¬ 
rung. 
Cicero. 
ner befand, der Verabredung gemäß aufheben und bekam durch die Briefe 
auch schriftliche Beweise von dem frevelhaften Unternehmen in die Hand. 
legte sie dem Senate vor (am 3. Dezember) und darauf wurden die 
Schuldigen, fünf an der Zahl, in Haft genommen. Die Sitzung des 
Senats hatte bis gegen Abend gedauert. Da eilte Cicero nach dem 
Markte, um dem Volke, welches ihn hier mit Ungeduld erwartete, das 
Ergebniß mitzutheilen (in der 3. Rede vom 3. Dezember). Mit Entsetzen 
vernahm die Menge, welchem Unglück sie entgangen sei, und pries den 
Muth und die Weisheit des Konsuls. Am 5. Dezember versammelte sich 
der Senat, um über das Schicksal der Gefangenen zu entscheiden. Die 
Senatoren stimmten für den Tod, bis die Reihe an Cäsar, den erwähl¬ 
ten Prätor, kam. Dieser erklärte, es sei gesetzwidrig und gefährlich, ohne 
förmlichen Prozeß auf Todesstrafe zu erkennen, und trug auf ewige Ge¬ 
fangenschaft an. Dagegen erhob sich Cicero in seiner vierten Rede und 
wurde von M. P. Kato (Iltieensis) kräftig unterstützt, so daß man die 
Todesstrafe beschloß. Dieselbe wurde sogleich im Kerker an den Verschwo¬ 
renen vollzogen. Mit den Worten: „Sie haben gelebt!" verkündigte 
Cicero dem Volke die Vollstreckung des Urtheils und ward von ihm, wie 
im Triumphe, nach Hause geleitet. 
Nun schritt man gegen Katilina mit Waffengewalt vor. Der Empörer 
fand in der Schlacht bei Pistoja *) nach muthvollem Kampf seinen 
Tod (62). 
3. So war es Cicero gelungen, die Stadt aus einer großen Gefahr 
zu erretten. Ihm wurde ein Dankfest veranstaltet und auf Kato's Antrag 
sogar der ehrenvolle Namen „Vater des Vaterlandes" beigelegt. Dieses 
mußte einen: Manne schmeicheln, der nur ein Neuling (homo novus) und 
doch der erste Römer war, welchem dieser glänzende Titel beigelegt wurde. 
Markus Tullius Cicero war im Jahr 107 v. Chr. zu Arpi- 
num1), der Vaterstadt des Marius, geboren. Er stammte aus einem 
wohlhabenden Rittergeschlecht und erhielt von seinem Vater die erste Bil¬ 
dung. Früh zeigte er das Verlangen, „immer der Beste zu sein und empor¬ 
zustreben vor Allen". Zu Rom, wo er seit seinem zwölften Jahre von 
griechischen Lehrern weiteren Unterricht empfing, erregte er durch schnelle 
Fassungskraft und große Wißbegierde allgemeine Bewunderung. Als Jüng¬ 
ling legte er sich mit allem Eifer auf das Studium des bürgerlichen Rechts 
und der öffentlichen Beredtsamkeit. Bereits in seinem 26. Jahre gab er 
als Sachwalter glänzende Beweise seines Rednertalents. Seine erste Ver- 
thcidigungsrede war so überzeugend, daß der Angeklagte (Roscius) unter 
dem Beifall der Zuhörer freigesprochen wurde. Um seine Gesundheit zu 
kräftigen und sich weiter auszubilden, unternahm er (79) eine Reise nach 
Griechenland und später nach Kleinasien. In Rhoduö nöthigte er dem 
berühmten Redner Molo durch einen überaus herrlichen Vortrag die Worte 
ab: „Deine Landsleute, die Römer, haben uns Freiheit, Macht und Güter 
genommen, aber den Ruhm der Bildung und Beredtsamkeit haben sie uns 
doch nicht nehmen können; du führst uns auch diesen über das Meer hin¬ 
weg !" — Erst nach Sulla's Tode kehrte Cicero nach Rom zurück. Im 
9 Pistoja, Stadt in Eturien, nordwestlich von Florenz. — Arpinum, Stadt 
in Latium, südöstlich von Nom.
	        
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