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Neue Geschichte.
Der große Helm (1640) und hinterließ seinem Sohne Friedrich Wilhelm
Kurfürst (1640—88) das arme, durch Krieg und Krankheit entvölkerte Land. Dieser
1640 — 88. Regent, welcher schon bei Lebzeiten der große Kurfürst genannt wurde,
verstand es, den brandenburgischen Staat aus hoffnungsloser Schwäche
und schmählicher Erniedrigung zu neuer Macht emporzuheben. Zunächst
schuf er sich ein ergebenes Heer; mit diesem brach er, dem Geist der da¬
maligen Zeit folgend, die Macht seiner Landstände, um mit einheitlicher
Staatsgewalt für das allgemeine Beste wirken zu können. Leider schritt
er später auch auf kirchlichem Gebiet in gleicher Weise vor und nöthigte
so (1668) den frommen Berliner Prediger Paul Gerhard, welcher
123 Kirchenlieder verfaßt hat, in die Verbannung zu gehen.
Im westfälischen Frieden (1648) erhielt Friedrich Wilhelm für den
an Schweden überlassenen Theil von Pommern die Stifter Magdeburg,
Halberstadt, Minden und Kammin. Mit Eifer war er beinüht, die Spuren
des Krieges auszutilgen. Strenge Ordnung wurde wieder hergestellt, der
Landmann bebaute in Sicherheit seinen Acker, und Fremde ließen sich gern
in einem Lande nieder, wo Gerechtigkeit herrschte und Gewerbe, Künste
und Wissenschaften sich sichtlich hoben. Reitende Posten wurde zwischen
Königsberg und Memel, zwischen Berlin, Magdeburg und Kleve errichtet.
Der Friedrich - Wilhelms - Kanal stellte unter Benutzung der Spree und
Havel eine Verbindung zwischen Oder und Elbe her. Eine neue Ver¬
brauchssteuer (Akzise) lieferte die Mittel zur Erhaltung eineö vergrößerten
Vertrag zu und wohlbewaffnelen Heeres. — Im Vertrage zu Wehlau *) (1657)
Wehlau gewann der große Kurfürst die Unabhängigkeit des Herzogthums Preußen
1657. sah dieselbe bald darauf von Polen im Frieden zu Oliva (einem
Kloster bei Danzig) bestätigt (1660). Als Ludwig XIV. von Frankreich
in unersättlicher Ländergier die Niederlande und das tvestliche Deutschland
mit großen Kriegsherren überzog, da führte der Kurfürst Friedrich Wilhelm
voll patriotischen Eifers 20,000 Mann dem kaiserlichen Heer zu Hilfe
(1674). Während er aber jenseits des Rheines stritt, fielen, von Frank¬
reich aufgereizt, die Schweden in Brandenburg ein. Unvermuthct erschien
jedoch Kurfürst Friedrich Wilhelm im Juni 1675 mit 6000 Reitern und
1200 Musketieren vor Rathenows, aus dem er in wenig Stunden
Fehrbellin die Schweden vertrieb. Darauf stieß er bei Fehrbellin *) auf die schwe-
1675. dische Hauptmacht: 11,000 Mann und 38 Geschütze. Obwohl die meisten
Befehlshaber den Angriff widerriethen, weil das kurfürstliche Fußvolk noch
10 Meilen zurück war, so beschloß Friedrich Wilhelm dennoch die Schlacht
und gewann über den Feind, welcher seit dem 30jährigen Kriege in dem
Rufe unüberwindlicher Tapferkeit stand, einen herrlichen Sieg. Hier war
es, wo der treue Stallmeister Emanuel Froben, der mitten im Kampfe
das allzu kenntliche weiße Roß des Kurfürsten gegen das seine umgetauscht
hatte, an der Seite seines Herrn von einer Stückkugel zu Boden gestreckt
wurde.
Mit Jubel zog der Kurfürst in Berlin ein, allein die von Schweden
gemachten Eroberungen mußte er auf Andringen Frankreichs späterhin
1) Wchlau, Stadt am linken User des Pregel, ostlich von Königsberg. —
Ratheuow, Sladt am rechteu User der Havel, uordwestlich von Berlin. — Fehr-
belliu, Stadtchen am Rhin, nordwestlich von Berlin.No full text available for this image
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