Full text: Preußisch-deutsche Geschichte vom Jahrhundert Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart (Teil 3)

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der verderbliche Einfluß, den Ludwigs XIV. verschwenderisches Hofleben auf 
alle Fürstenhöfe Europas übte. Kein Regent war für solchen Glanz emp¬ 
fänglicher als Friedrich. Es kränkte seine Eitelkeit tief, daß auf den Friedens¬ 
verhandlungen zu Ryswick sein Gesandter dem der Republik Venedig nach¬ 
gestellt wurde, auch daß er selbst bei einer Zusammenkunft im Haag einen 
Sessel ohne Lehne erhielt, während der König von England aus einem 
solchen mit Lehne saß, weil nur Königen ein solcher gebührte. An diesem 
kleinlichen Umstande wäre die Konferenz gescheitert, wenn man sie nicht 
zuletzt stehend abgehalten hätte. Man gab ihm zu verstehen, er brauche 
ja nur den Königstitel anzunehmen, so werde er niemand mehr nachstehen 
müssen. 
Nun hätte er sich ohne weiteres in seinem Lande Preußen, über das 
weder der Kaiser noch ein anderer Gewalt hatte, den Königstitel beilegen 
können; aber es war ihm darum zu tun, daß ihn die Welt auch als solchen 
ehrte, und deshalb wollte er sich vorher die Zustimmung des Deutschen Kaisers 
verschaffen. Lange zögerte und schwankte dieser, denn das Wachstum des 
Brandenburgischen Staates war ihm stets ein Dorn im Auge gewesen. 
Auch meinte er, die Könige von Preußen möchten nicht so willig zum 
Gehorsam sein wie die Kurfürsten von Brandenburg. Endlich zwang ihn 
die Not, dein Drängen des Kurfürsten nachzugeben. Ein neuer Krieg mit 
Ludwig XIV. stand in Aussicht, und er bedurfte daher der Unterstützung 
Brandenburgs. So kam 1700 ein Kronvertrag zustande, durch den er seine 
Zustimmung gab, daß der Kurfürst von Brandenburg sich die Königskrone 
aufsetzte. Dieser mußte dagegen für den bevorstehenden Krieg 10000 Mann 
Hilfstruppen versprechen. 
Der Kurfürst machte sich zum König in Preußen, weil er dort souveräner 
mündlichen — und dadurch auch im schriftlichen — Ausdruck gewöhnt. Aus der Art 
der Wiedergabe hört der Lehrer auch heraus, was etwa unverstanden geblieben ist 
und wo er deshalb den Hebel der Erklärung nochmals ansetzen muß. Es dürfte sich 
dabei empfehlen, zuerst, vor der Wiedergabe durch die Schüler, die Überschrift eines 
jeden Abschnittes, und zwar durch die Kinder selbst, feststellen zu lassen. Dann erst 
stelle man bestimmte Aufgaben: „Erzähle, was Friedrich III. als Kurfürst für sein 
Land getan hat!" Die Kinder sollen sich immer ganz klar darüber sein, was sie ge¬ 
hört haben und was sie wiedergeben sollen. Eine klare, lichtvolle Gliederung des 
Stoffes macht diesen selbst klarer, faßlicher und darum verständlicher und leichter be¬ 
haltbar. Deshalb ist es auch unbedingt nötig, den Stoff in kleinen Abschnitten zu 
bieten. Nur diese Art der Darbietung ist eine gesunde, weil natürliche; eine Über¬ 
fütterung durch halbstündigen Vortrag kann nur die nachteiligsten Folgen haben. 
Die methodische Bearbeitung der ersten Unterrichtseinheit würde sich also wie 
folgt gestalten: 1. Zielangabe. 2. Erzählung des Lehrers oder, wo die Natur des 
Stoffes es zuläßt, Gewinnung des Stoffes durch entwickelnd-darstellenden Unterricht. 
3. Feststellung der Überschrift seitens der Kinder unter Beihilfe des Lehrers. 4. Auf¬ 
gabe des Lehrers. 5. Mehrmalige Wiedergabe durch die Kinder.
	        
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