Full text: Preußisch-deutsche Geschichte vom Jahrhundert Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart (Teil 3)

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Verderben. Zu Hunderten wurden sie hier niedergeschmettert. Es war ein 
fürchterliches Blutbad. Zwar ordneten sich schnell einige Regimenter und 
leisteten den entschlossensten Widerstand, allein der dichte Nebel verhinderte 
jedes Zusammenwirken der verschiedenen Truppenabteilungen. Trotz der un¬ 
aussprechlichen Verwirrung drängte das bald in Schlachtordnung stehende 
Fußvolk die Österreicher an einigen Stellen zurück, mußte aber der feind¬ 
lichen Übermacht weichen. Auch die Reiterei unter Seydlitz und Zieten hieb 
wacker auf den Feind ein. Der Hauptkampf entspann sich um das hoch¬ 
gelegene Dorf Hochkirch, das bald in Flammen stand, aber trotzdem aufs 
tapferste verteidigt wurde. Ter König selbst rückte mit einigen Regimentern 
heran, das Dorf zu retten. In der schmalen Dorfgasse häuften sich die 
Leichen. Indem die Anführer bemüht waren, die zerrissenen Reihen zu 
ordnen, nahm eine Kanonenkugel dem Prinzen Franz von Braunschweig den 
Kopf weg. Der greise Feldmarschall Keith bekam, nachdem er die Batterie 
wiedererobert, einen Schuß in die Brust, stürzte zu Boden und gab ohne 
einen Laut seinen Heldengeist aus. Auch der Feldmarschall Fürst Moritz von 
Dessau wurde schwer verwundet zu Boden gestreckt und starb einige Tage 
später. Nur auf dem Friedhofe hielt ein Bataillon Preußen tapfer aus, aber 
vergeblich war die verzweifeltste Tapferkeit, das Dorf von hier aus wieder zu 
erobern. Als sich endlich der Nebel verzog, konnte man das mit Leichen über¬ 
säte Schlachtfeld erblicken. Jetzt sammelte Friedrich mit bewunderungswür¬ 
diger Ordnung seine Truppen und gab den Befehl zum Rückzug, den Daun 
nicht zu stören wagte. Unter dem Schutze der noch geretteten preußischen 
Kanonen und der Reiterei sammelte sich die Infanterie und zog ungestört ab, 
um ungefähr eine Stunde vom Schlachtfelde entfernt aufs neue Stellung zu 
nehmen und den Angriff Dauns abzuwarten. Dieser aber begnügte sich mit 
dem errungenen Siege. Friedrich hatte bei diesem Überfall 9000 Mann, 
101 Kanonen und sämtliches Gepäck verloren, so daß seine Krieger in der 
kühlen Jahreszeit ohne Zelte unter freiem Himmel lagern mußten. Aber 
auch der Verlust der Österreicher betrug 8000 Mann. 
Fast alle preußischen Generale, die den Tag überlebten, waren verwundet. 
Selbst der König hatte eine leichte Wunde. Er hatte sich ins stärkste Feuer 
gewagt; ein Pferd wurde ihm unterm Leibe erschossen, und zwei Pagen 
stürzten tot an seiner Seite nieder. Aber nie zeigten sich sein Geist und 
seine Fähigkeiten in einem so glänzenden Lichte, als in dieser fürchterlichen 
Nacht, die, anstatt seinen Ruhm zu schwächen, nur zur Erhöhung desselben 
beitrug. Bald hatte er sich gefaßt und suchte sich über das Unglück hinweg¬ 
zuscherzen. Einen seiner Generale begrüßte er mit den Worten: „Mein lieber 
General, man hat uns nicht gut geweckt." Als dieser antwortete: Man 
pflegt gewöhnlich diejenigen im Schlafe zu stören, die man am Tage nicht
	        
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