Full text: Preußisch-deutsche Geschichte vom Jahrhundert Friedrichs des Großen bis zur Gegenwart (Teil 3)

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Während seine Feinde bisher getrennt gegen ihn gefochten hatten, ver¬ 
suchten sie es diesmal, vereint den großen König zu vernichten. Russen und 
Österreicher drohten, sich in Schlesien zu vereinigen und ihm diese Provinz 
ganz zu entreißen. Friedrich, nachdem er zu Anfang des Feldzuges die 
russischen Magazine in Polen und die österreichischen in Böhmen hatte zer¬ 
stören lassen, stand einstweilen auf Schildwacht und wartete der Dinge, die 
da kommen sollten. Eine kleine Heeresabteilung, die er gegen die Russen 
schickte, um diese zurückzuschlagen und die drohende Vereinigung derselben mit 
den Österreichern zu hindern, erlag vor der russischen Übermacht, so daß die 
Vereinigung beider Heere dennoch erfolgte. Dadurch erlangten die Verbün¬ 
deten, die sich in der Nähe von Frankfurt auf den Höhen am rechten Oderufer 
gut verschanzten, die gefährliche Stärke von über 80000 Mann, denen der 
König, wenn er alles an sich raffte, nur 48000 Streiter entgegenstellen 
konnte. Sofort verließ er Sachsen, zu dessen Schutze er seinen Bruder Heinrich 
mit geringen Streitkräften zurückließ, und eilte zur Deckung Berlins herbei, 
überschritt die Oder und stieß am 12. Aug. bei Kunersdorf in der Nähe 
von Frankfurt aus den Feind. Dieser war auf allen Seiten durch die Oder, 
durch Sümpfe und Gebüsch, sowie durch Verschauzungen gedeckt, die von einer 
ungeheuren Artillerie verteidigt wurden. 
Nach einem langen, ermüdenden Marsche greisen die Preußen um die 
Mittagszeit mit großer Erbitterung die Feinde an. Unter der ausgezeichneten 
Führung Friedrichs und den unerhörten Anstrengungen seiner braven Truppen 
gelingt es, nach sechsstündigem, heißem Kampfe die größten Vorteile zu er¬ 
ringen. Trotz des heftigsten Feuers aus 100 Geschützen werden die feindlichen 
Schanzen erstürmt, 70 Kanonen erbeutet, Kunersdorf genommen und der 
eine Flügel der Russen in die Flucht geschlagen. Schon gehen Siegesboten 
mit der angenehmen Nachricht nach Berlin und Breslau, als auf einmal das 
Kriegsglück sich auf höchst unerwartete Weise ändert. Noch steht der rechte 
Flügel der Russen unerschüttert, noch hat das österreichische Heer unter 
Laudon keinen Anteil am Kampfe genommen, und Friedrich, der sich nicht 
mit einem halben Siege begnügen will, befiehlt aufs neue den Angriff. Die 
meisten seiner Generale, auch der tapfere Seydlitz, raten ihm, seine er¬ 
matteten Krieger zu schonen und die Schlacht abzubrechen. Er aber meint: 
„Es genügt nicht, die Russen zu schlagen, man muß sie vernichten!" und führt 
die Truppen zu neuer Blutarbeit. Diese siud seit zwei Uhr nachts unterwegs, 
und jetzt ist es sechs Uhr abends; die glühende Sommerhitze und die An¬ 
strengungen des Tages haben ihre Kräfte erschöpft. Sie sind der gewaltigen 
Aufgabe nicht mehr gewachsen. Trotz des größten Heldenmutes behauptet die 
Natur ihre Rechte. Zwar versuchen sie den Sturm aus die gefährlichen 
Anhöhen, aber das feindliche Kartätschenseuer zerreißt ihre Glieder, tötet
	        
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