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Mittlere Geschichte.
§ 4. England.
(Vgl. S. 182.)
1066—1154. Normannische Könige.
1066-1087. Wilhelm I., der Eroberer, Sohn Roberts II., des
Teufels, vollendet in blutigen Kämpfen die Unter¬
werfung der Angelsachsen und richtet den normannischen
Lehnsstaat ein, aber mit Beibehaltung der angelsächsischen
Grafschaftseinteilung und Gerichtsverfassung. Aufzeichnung der
Rechtsverhältnisse und Abgaben der Grundbesitzer im Domes-
daybook (von domus dei): Ritterlehen, Kirchengüter, städtischer
Besitz, freie Bauerngüter, Höfe der Unfreien. Zwei Volks¬
stämme und zwei Sprachen, die sächsische und die französische,
bestehen noch lange Zeit in England nebeneinander; König
und Adel sind französische Normannen.
Wilhelms I. ältester Sohn Robert erbt die Normandie; in
England folgen die jüngeren Söhne, zuerst Wilhelm II., dann
Heinrich /., der 1106 auch die Normandie in Besitz nimmt.
Ihm folgt sein Schwestersohn Stephan von Blois, gegen den
Heinrichs Tochter Mathilde, vermählt mit dem Grafen Gottfried
von Anjou, Erbansprüche erhebt. Langwierige Kämpfe; endlich
wird Mathildens Sohn Heinrich von Anjou als Thronfolger an¬
erkannt.
1154—1309. Haus Anjou-Plantagenet.x)
1154-1189. Heinrich II. besitzt große französische Lehen:
1. Normandie und Bretagne als Erbe der nor¬
mannischen Könige; 2. Anjou, Maine, Touraine von seinem
Vater; 3. durch Heirat mit Eleonore (1152, s. S. 205) Poitou,
Guyenne und Gascogne, also im ganzen mehr als
halb Frankreich (s. S 207).
1164. Reform der Rechtspflege durch die Beschlüsse von
Clarendon; namentlich werden die Vorrechte der
Geistlichen beschränkt. Deswegen Streit mit dem Erzbischof
Thomas Becket von Canterbury, der von Anhängern des
Königs 1170 ermordet wird.
1171. Kriegszug nach Irland. Hier waren 795 die Nor¬
mannen eingedrungen und hatten den Iren die
Herrschaft streitig genacht. Seit 1014 war ihre Macht jedoch
gebrochen. 1166 flüchtete ein vertriebener irischer Fürst nach
England. Dies führte zur Einmischung Heinrichs II. Damit
beginnt die Eroberung Irlands (S. 267, 269). Die Fürsten der
1 So genannt von dem Ginsterzweig (planta genista),
den Gottfried von Anjou, Vater Heinrichs II., als Helmzier
zu tragen pflegte.