52 Die Neuzeit.
Staates zu einer Einheit zusammenzuschließen und die Arbeit der einzelnen
Erwerbszweige sowie den Warenvertrieb den Interessen des Staates gemäß
zu fördern oder auch einzuschränken. Sie beaufsichtigte zu diesem Zwecke
Ein- und Ausfuhr, hielt das Straßennetz in Ordnung, sorgte für gute
Münze, suchte ausländischen Wettbewerb durch Schutzzölle lahmzulegen,
Teuerung im Lande durch Ausfuhrverbote, Übervorteilungen der Käufer
durch Festsetzung namentlich der Lebensmittelpreise zu verhindern. In
Sachsen bahnte der tatkräftige Herzog Georg der Bärtige diese Wirtschafts-
Politik an, während sie August zur höchsten Ausbildung führte.
Zweite Blütezeit Sachsens Industrie verdankte vor allem dem Bergbau große Förderung.
^Bergba?^ °*>eren Erzgebirge hatte man neue Silberadern entdeckt. Georg der
Bärtige rief die Auuaberger Bergwerksordnung ins Leben, „die Mutter
aller neueren Landes-Bergordnungen in Nord- und Mitteldeutschland".
Moritz stellte das gesamte Bergwesen unter einheitliche staatliche Aufsicht,
August brachte diese Entwicklung durch die erst nach seinem Tode erschienene
kursächsische Bergordnung (1589) zum Abschluß, die bis 1852 die wichtigste
Grundlage des sächsischen Bergrechts blieb. Ferner verbesserte man den
Betrieb vor allem durch Einführung von Hochöfen. So brachte das
16. Jahrhundert eine zweite Glanzzeit des sächsischen Bergbaues.
Die Ausbeute an Silber vermehrte sich in 50 Jahren um das Sechsfache.
Dazu kam, daß man jetzt auch Zinn abbaute sowie Alaun, Kobalt und
andere Mineralien verwerten lernte. Als am Ende des 16. Jahrhunderts
der Silberpreis ungeheuer sank, ging freilich der sächsische Bergbau rasch
wieder zurück.
Sachsens Tuch. Auch die Tuchweberei erlebte jetzt ihre höchste Blüte, besonders seit
UnbhjeKtt011* ^gust von Sachsen und Heinrich Reuß Posthumus starken Scharen um
ihres Glaubens willen vertriebener Niederländer in Plauen und Gera Auf-
nähme gewährt und damit eine geschickte und fleißige Weberbevölkerung ins
Land gezogen hatten. Sächsische Tuche gingen nicht nur nach allen Gegenden
des Reichs, sondern auch nach Polen, Nordeuropa, Italien und Spanien.
Auf zwei Wegen wanderte damals die Baumwollweberei^) nach Sachsen.
In das Vogtland brachten sie die Niederländer, nach Chemnitz kam sie von
Augsburg, ihrem deutschen Hauptsitze. Die Baumwollspinnerei entwickelte
sich zu einer einträglichen Hausindustrie. Dieselbe Bedeutung gewannen
im oberen Erzgebirge das Spitzenklöppeln und das Posamentengewerbe.
Der Handel. Die vermehrte Warenerzeugung hatte ein Emporblühen des Handels
Leipzigs Messen. jUr Folge. Leipzigs Großmärkte, 1507 zu wirklichen Messen erhoben, ver-
mitteitert allerdings in erster Linie die Einfuhr von Rohstoffen und die
Durchfuhr fremder Waren. August schützte mit höchstem Eifer die Leipziger
Stapelstraßen, um seine erste Handelsstadt gegen Mitbewerber zu unter-
stützen und seiner Kasse die ansehnlichen Zölle und Geleitsgebühren zu er-
1) Die Araber waren es, die die Baumwolle aus Indien nach Europa
brachten und sie hier zuerst verarbeiteten (in Spanien). Die Venetianer führten die
Baumwollweberei in Italien ein. Von da aus wanderte sie nach Zürich und Augs-
bürg, ferner nach den Niederlanden. Hier erfand man die Kunst, so wie in Indien
Kattun zu drucken. Protestantische Flüchtlinge Hollands trugen das neue Gewerbe
ebenso wie nach Sachsen nach England, wo es sich zur höchsten Blüte entwickelte.