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Niederrhein festen Fuß und nahm früh das Christentum an.
Frankengräber, deren uns das Scherwelehäuschen eins zeigt, sind
groß; sie nahmen unverbrannte Leichen auf, mit dem Gesicht nach
Osten gewendet. Die fränkischen Grabsteine reden in ihren In—
schriften von einem Leben in Christo. In den Gräbern der Män—
ner finden sich eiserne Schildbeschläge, Wurfäxte, Spieße, kurze und
lange Schwerter. In den Frauengräbern liegen Perlenketten, Na—
deln und Halsschmuck. Die aufgefundenen Gläser, Ton- und Bronze—
gefäße haben durchweg dunkle Farbe und plumpe Form.
Die Remagener Funde gewähren einen Einblick in die Ge—
schichte der rheinischen Lande von Christi Geburt bis auf Karl den
Großen.
199. Das Siebengebirge.
Von Karl Kollbach.
Am belebten Landungsplatze von Königswinter verlassen wir das
Schiff, um das Siebengebirge zu besuchen. Zuerst wenden wir
uns dem Drachenfels zu. Es ist dem bequemen Reisenden leicht
gemacht, den Gipfel zu erreichen. Ein Schwarm von Wagen harrt
seiner, und lockend schallt ihm der ermunternde Zuruf der Kutscher
entgegen. Die Zahnradbahn weist ihm einen andern, näheren und
billigeren Weg; auch stehen Pferde und Esel gesattelt bereit. Den
rüstigen Menschen mit gesunden Gliedern aber erfreut am meisten
der kurze Aufstieg zu Fuß; denn wechselvoll steigt gleich hinter der
Stadt, anfangs durch Weinberge, hernach durch Wald und an jähen
Felswänden vorbei, der Pfad zum ragenden Gipfel. Hier breitet
sich der schönste Teil aus dem reichen Zaubergarten der Rheinlande
um uns aus.
Das breite Rheintal zu unsern Füßen schaut wie ein blühender
Garten herauf; still und feierlich, in blinkendem Lichte, zieht der
Rhein hindurch. Die großen Schiffe auf seinem Spiegel mit all
ihren Menschen und ihren Lasten sehen von hier nur wie Spielzeug
aus. Nach der einen Richtung hin liegt die Eifel mit den grünen—
den Weinbergen am Rande des Rheintales. Fernher ragen über
ihre wellenförmigen Hochrücken stolze Häupter erloschener Vulkane
aus der Gegend des Laacher Sees auf. Ein gleich gestaltenreiches
Bild bietet rechts vom Rhein der vordere Westerwald mit seinen
Basaltbergen. Bis zum fernen Hohen Venn, bis zu den Bergen
der Mosel und des Hunsrücks, bis in die entlegensten Gebiete des
Westerwaldes und bis zu den Taunusbergen jenseits der Lahn
schweift über all die Berglande der Blick. Aber die Ausschau in
das Siebengebirge selbst ist kaum minder großartig. Wer blickte