Die Begründung, der preußischen Großmacht durch Friedrich II. 127
1. Das Heerwesen.
In seinem Testament faßt der König das, was er für feine Armee
getan hat, zusammen: „Ich habe in die Armee jene Manneszucht einge-
führt, wodurch sie vor allen übrigen Truppen Europas den Vorrang er-
halten hat." Er, der einst die verhaßte Uniform feinen „Sterbekittel"
gescholten hat, war mit Leib und Seele Soldat. „Ich gebe dies Metier
zu allen Teufeln, und doch treibe ich es gerne." Keine Mühe und Arbeit
hat er in Friedenszeiten gescheut, das Heer schlagfertig zu erhalten. Von
dem Gichtgequälten und doch die Herbstübunaen Leitenden schreibt Voltaire
einmal bewundernd: „Er könnte den Philoktet spielen; aber statt herz-
zerreißende Klagelaute auszustoßen, beliebt er, Neoptolems Truppen zu
kommandieren." In drei großen Kriegen hat er die scharfe Waffe dann
schneidend und sieghaft geführt, und so stand sein Heer, umwoben und
verklärt vom Ruhmesglanz der Schlachten, als das beste, unvergleichliche
und unbesiegbare vor den Augen Europas da. — Hinter diesem idealen
Schimmer aber verbarg sich gar hart schaffende, unermüdliche Arbeit.
Er vermehrte die Zahl der Truppen auf 140000 Mann im Frieden,
schuf die Kavallerie, nachdem sie sich bei Mollwitz so schlecht bewährt
hatte, sast neu (70 Schwadronen Dragoner, 80 Schwadronen Husaren).
Die Artillerie wurde verdoppelt, ihre Schnelligkeit durch leichtere, ihre
Wucht durch zahlreichere Geschütze gehoben. —
Diese gewaltige Masse galt es nun zu erziehen, mit einheitlichem
Geiste zu durchdringen. Seine Offiziere entnahm Friedrich, wie schon
sein Vater, fast ausschließlich dem Landadel, ihn so zu staatlicher Gesinnung
erweckend und ihm ein wenn auch nur kärglich lohnendes Arbeitsfeld
gewährend. Mit Heldenhaftigkeit schlugen die preußischen Junker ihres
Königs Schlachten, gaben sie ihr Blut für ihn hin, fielen doch im Sieben-
jährigen Krieg allein 59 derer von Kleist. Darum war es auch seine
königliche und politische Pflicht, diesen Stand vor allem blühend und
kraftvoll zu erhalten: „Die Race davon ist so gut, daß sie auf alle Art
meritieret konserviert zu werden." Mit Eifer mühte er sich, seine Offiziere
gesellschaftlich und auch wissenschaftlich zu bilden (Gründung von Kadetten-
Häusern), und mit Staunen hören wir wohl, daß im Winterlager bei
Leipzig Gellert den Offizieren Vorlesungen halten mußte, daß ein Lent-
nant von Krosigk die Weltgeschichte Voltaires übersetzte, ein Fähnrich
von Rohr „Gedanken über die Kriegskunst" veröffentlichte.
In gleicher Weise wirkte der König auch als Erzieher des gemeinen
Soldaten. Wohl ließ er es beim Kantonreglement seines Vaters be-
wenden; aber er hat es nicht auf das Ziel der allgemeinen Wehrpflicht
hin entwickelt. Bürger und auch Bauern waren mehr um des Ackerbaues,