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2. Die Alpen sind ein Hochgebirge. Wir finden in den Hauptalpen
nicht die schönbewaldeten Kuppen unserer deutschen Gebirge; höher und steiler
fmb die Gipfel, wilder und tiefeingesägt die Taler; Firnschnee deckt die hohen
Berge; breite Eisströme und tosende Flüsse ziehen in die Täler hinab; in klaren
Seen spiegeln sich die Bergriesen.
Der Pflanzenwuchs der Alpen wird mit der zunehmenden Höhe kümmer¬
licher. Hafer und Gerste steigen bis auf 1300 m; länger noch begleitet der
Wald den Bergsteiger. Der Nadelwald geht mit bis zu 1800 m Höhe. Dann
kommt das Reich der Matten.
Bei 2600—2700 m Höhe hört das pflanzliche Leben auf und das Reich
des ewigen Schnees beginnt.
Berechne die Wärmeabnahme beim Aufstieg auf 2600 m Höhe, wenn im
Tal (400 m) eine Wärme von 10° herrscht!
3. Die großen Schneemassen, die jahraus, jahrein auf den höchsten Bergen
niederfallen, gelangen durch ihre eigene Schwere ins Gleiten. Durch den Druck
schmelzen Teile des Schnees, gefrieren aber gleich wieder zusammen (gekneteter
Schneeball). Während der Talwanderung verwandelt sich der körnige Schnee
daher zu Eis. Der Eisstrom, Gletscher genannt, schiebt sich unmerklich ins
Tal; bei dem Rhonegletscher beträgt die Fortbewegung jährlich 100 m. Uneben¬
heiten des Weges und verschiedene Breite des Gletscherbettes führen zu einer
Zerklüftung der Eismasse. Bon den Felswänden gelangen Gesteinstrümmer und
Blöcke auf den Gletscher und machen die gemächliche Reise ins Tal mit. Unterhalb
der Schneegrenze schmilzt der Gletscher ab; das Schmelzwasser sammelt sich in
einem Bache; das mitgeführte Gestein wird als Moräne abgelagert.
Die Flüsse der Alpen werden von Gletschern gespeist. Zn der Urzeit reichten
die Alpengletscher weit nach Süddeutschland hinein; die Bodenseegegend und die
Oberdeutsche Hochebene tragen noch jetzt den Moränenschutt dieser Gletscher.
Zm Kreislauf des Wassers ist der Gletscher eine langsame Bahnstrecke;
schnell aber auch unheilvoll legen Lawine und Wildbach den Weg vom Berg
ins Tal zurück. Lawinen sind Schneemassen, die sich von den Berghängen los¬
reißen und ins Tal stürzen. Was sich ihnen entgegenstellt, wird mitgerissen oder
° im Schnee begraben. Besonders häufig sind die Lawinen zur Zeit der Frühlings-
fchneeschmelze. Da man die Bahnen der Lawinen kennt, hat man verschiedene
Schutzmaßregeln gegen sie ergriffen. Galerien schützen die gefährdeten Wege;
Bannwälder verhindern das Niedergehen der Lawinen.
Auch die Wildbäche sind im Frühjahr am gefährlichsten. Sie schwellen
an zu reißenden Strömen; sie reißen Berghänge, Fels, Erde, Baum und Hütte
mit sich und begraben dann die tieferliegenden Fluren unter einer Schuttdecke.
Zum Schutz gegen die Wildwasser hat man vielerorts Talsperren angelegt.
Alpenpässe. Die Alpen werden von mehreren Straßen und Bahnen über¬
schritten. Man führte sie über die bequemsten Pässe; trotzdem hatte man bei
ihrer Anlage große Schwierigkeiten zu überwinden.
Die wichtigsten Pässe sind Mont Cenis-, Simplon-, St. Gotthard-, Splügen-,
Brenner- und Seinmeringpaß. Bestimme nach der Karte, welche Flußtäler und
Länder durch diese Pässe verbunden werden!