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vom Anbau der Kartoffel.
Die Heimat der Kartoffel ist jedenfalls Amerika. Sie soll ursprünglich
aus Chile stammen,- doch waren schon zur Zeit der Entdeckung durch ganz Amerika
Kartoffeln verschiedener Art verbreitet, so daß Europäer sie an verschiedenen
Orten gefunden und mitgenommen haben werden.
Die erste Nachricht von dieser pflanze kam, soweit bekannt ist, 1565 durch
Seefahrer nach Europa, wer die Knollen zuerst hierher gebracht hat, und auf
welchem Wege sie in die einzelnen Länder gekommen sind, wird mit Bestimmt¬
heit kaum zu ermitteln sein. Die alte Behauptung, daß Walter Naleigh sie
1584 aus Dirginien nach Irland gebracht habe, soll falsch sein, da w. Naleigh
wahrscheinlich gar nicht in Dirginien gewesen ist. Ebensowenig läßt es sich
beweisen, daß sie durch Franz Drake zuerst nach England gekommen ist,- jeden¬
falls hat er keine eigentlichen Kartoffeln eingeführt, sondern nur irgendeine
Art eßbarer Knollen, deren es in Amerika viele gibt.
Nach Deutschland sind die Kartoffeln, soviel sich erforschen läßt, wahr¬
scheinlich über Spanien aus Italien gekommen. Dafür spricht auch schon der
Name. Statt Kartoffeln wurden sie früher auch „Toffeln" oder „Tartuffeln"
genannt. Diese Benennung dürfte herzuleiten sein von dem italienischen Worte
Tartuffi (verkleinert: Tartuffoli), welches Trüffeln bedeutet. In Deutschland
herrschte im allgemeinen große Abneigung gegen die Kartoffel, und nur durch
Belohnung, durch Zwang der Behörden, durch Empfehlung seitens der Prediger
und durch andere Wittel war es den Negierungen möglich, ihr Eingang zu
verschaffen. Die durch den Siebenjährigen Krieg verursachte Teuerung trug
schließlich stellenweise am meisten dazu bei.
Die Kartoffel ist eine der wenigen Kulturpflanzen, welche von Westen
nach Osten über die Erde sich verbreitet und also den entgegengesetzten weg
genommen haben als das Getreide und die meisten Kulturgewächse. Wan
kann getrost behaupten, daß wir in dieser pflanze das beste Geschenk Amerikas
besitzen. Seit Einführung der Kartoffel ist der vor dieser Zeit in verschiedenen
Ländern Europas nicht selten eintretenden Hungersnot gewehrt worden und
ist für reich und arm stets ein billiges Nahrungsmittel vorhanden gewesen, zumal
die pflanze genügsam ist und mit leichtem Boden vorlieb nimmt. Für die
Kultivierung des Lodens, für Viehzucht, Handel und Gewerbe ist die Frucht
ebenfalls von Bedeutung. Ganze Strecken unbenutzten Bodens, die für den
Kornbau nicht geeignet waren, sind durch den Anbau der Kartoffel erst urbar
gemacht und dem Getreidebau gewonnen worden. Nach I. Eallsen.
Die wirtschaftliche Bedeutung der Kartoffel.
Die Kartoffeln enthalten im Durchschnitt 21 % Stärke und 2 % Eiweiß.
Keine unserer Nahrungspflanzen erzeugt auf einer gleich großen Ackerfläche so
viel Stärkemehl wie die Kartoffel. Koggen liefert auf 1 ha etwa 1040 kg Stärke,
die Kartoffel 2880 kg. Auch auf schlechtem Boden bringt die Kartoffel noch
gute Erträge. Sie ist deshalb billig und wurde infolgedessen zu einem ge¬
schätzten Dolksnahrungsmittel. Don Kartoffeln allein könnten wir jedoch
nicht leben, wir müssen sie durch Nahrungsmittel ergänzen, die mehr Zeit und
Eiweiß enthalten (Brot, wilch, Eier, Fleisch, Käse). Alle Teile der pflanze
enthalten ein Gift, das Solanin. Besonders in den Keimen und unreifen Knollen
findet es sich in größeren Wengen. Keife Kartoffeln enthalten nur geringe
Spuren davon. Beim Kochen und Braten verliert es sich ganz.