Full text: Diesterwegs Realienbuch

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Menschen jemals nehmen. Bis zu dem Tage aber, an welchem seine Sache 
durch gesetzliche Untersuchung entschieden würde, solle er feiner Zeichen könig¬ 
licher würde sich bedienen, leine Staatsgeschäste vornehmen, nur so viel Ab¬ 
gaben fordern, als er zum Lebensunterhalt notwendig bedürfe, wenn er dann 
nach Widerlegung der Anschuldigungen mächtig und neugestärlt im Reiche ver¬ 
bleibe, so solle er dem Papste immer untergeben und seinem Gebote gehorsam sein. 
AIs der König von dem Banne losgesprochen war, hielt der Papst ein feier¬ 
liches Hochamt. Tr lud nach dessen Vollendung den König zum Zrühmahl und 
entließ ihn dann in Zrieden zu den Zeinigen. 
Als die Italiener diesen Ausgang erfuhren, erhob sich wider den König 
heftiger Zorn und Unwille, weil er durch seine so schmachvolle Demütigung 
den katholischen Glauben, das Ansehen der Kirche und die würde des Staates 
gänzlich preisgegeben habe. Mit Mühe gelang es endlich, den Brand der ein¬ 
mal erregten Empörung mehr zu dämpfen als auszulöschen. 
Heinrichs IV. letzte Zähre, Ende und Verdienst. 
Krieg war leider für die militärischen Oienstmannen damals die Losung, 
denn sie lebten vom Krieg, und vor allem wollten sie durch den Krieg Er¬ 
weiterung ihrer Macht. So war es lein wunder, daß zuletzt auch Vater und 
Sohn in den Krieg hineingetrieben wurden. 
Oer junge Heinrich fürchtete, daß ihm die Krone nicht werde, und so reifte 
in ihm der ruchlose Plan, sie sich mit dem Schwert in der Hand zu sichern. Oes 
Eides gedachte er nicht sonderlich, denn Rom hatte ja die Macht, zu binden 
und zu lösen. Er erbat sich den Segen des Papstes, und der Papst versicherte 
ihn der Sündenvergebung, wenn er ein gerechter König und Verwalter der 
Kirche sein wolle, und so segnete der Papst den Empörer wider väterliche und 
kaiserliche Gewalt. 
Oer Kaiser befand sich mit seinem Heer auf dem Marsche gegen einige 
sächsische Rebellen, er wollte Zrieden stiften — da brachte ihm sein eigener Sohn 
den Unfrieden. Zu Heinrich IV. standen vor allem die Bürger der Städte, be¬ 
sonders die der rheinischen, zu seinem Sohne die Zürsten, die leider immer auf 
seiten der Empörer und Zeinde zu finden waren. 
Oer alte Kaiser hörte von dem vorhaben seines Sohnes. Schrecken er¬ 
füllte ihn, und sofort zog er den Rhein aufwärts, nach Mainz, wohin der 
Sohn die Großen zu einem Reichstage berufen hatte. Schnell eilte dieser ihm 
entgegen. Oas Gottesgericht einer furchtbaren Schlacht an den gesegneten 
Ufern des Rheins schien unvermeidlich. Oa schritt der Sohn auf den Vater zu. 
Zußfällig und weinend erinnerte der kaiserliche Herr den Sohn an die Kindes¬ 
pflicht der Liebe und des Gehorsams. Auch dieser zeigte sich gerührt, fiel dem 
Vater gleichfalls zu Zützen und bat ihn, fein Heer zu entlassen und sich vom 
Banne zu lösen. Oa wurde das herz des Vaters von neuem mit Hoffnung er¬ 
füllt, er entließ sein Heer und folgte dem Sohne nach Mainz — doch schänd¬ 
liches Spiel des Sohnes! Er setzte nun den wehrlosen Vater schmählich und 
verräterisch gefangen auf der Burg Böckelheim. Selbst die gewöhnlichsten Be¬ 
dürfnisse wurden dem alten Manne verweigert, und dann zog der Sohn nach 
Mainz und ließ sich zum Könige wählen. Oer Kaiser sollte dem Sohne die 
Krone ausliefern, sollte, von der Kirche gezwungen, der Krone freiwillig und 
öffentlich entsagen und öffentlich auch das Bekenntnis seiner Zünden ablegen 
— dann wolle ihn die Kirche vom Banne lösen. Oer Kaiser widerstand der 
Zorderung tagelang, endlich tat er, was man von ihm verlangte. Oas Sündern
	        
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