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Niederschlag nimmt nach Südosten hin immer mehr ab, so daß sich hier
große Steppen ausbreiten, die Grassteppen am Schwarzen Meere und die
Salzsteppen am Kaspischen Meere.
5. Erzeugnisse. Der ebene, fruchtbare Boden ist vorzüglich zur Land¬
wirtschaft geeignet. Besonders das im mittleren Rußland gelegene Gebiet
der „Schwarzen Erde" erzeugt so große Mengen Getreide, Roggen und
Weizen, daß bedeutende Mengen davon ausgeführt werden. In den Ostsee¬
ländern wird außerdem viel Flachs gebaut, der ebenfalls zur Ausfuhr ge¬
langt (russischer Leinsamen). In manchen Gegenden ist die Viehzucht eine
wichtige Erwerbsquelle. Neben Rind und Pferd finden wir im Norden
das Renntier und im Süden das Kamel als Zugtier. — Im Ural wird
lebhafter Bergbau betrieben. Man findet dort Gold und Platin, Eisen
und Edelsteine. Rußland besitzt auch mächtige Braunkohlenlager. Das
Lager am Donez, nördlich vom Asowschen Meere, ist eins der ergiebigsten
von ganz Europa. Trotzdem hat Rußland nur wenig Industrie. Die
mangelhaften Verkehrswege und die ungeheuern Entfernungen verhindern
ihr Aufblühen. Vis jetzt hat nur die Baumwollweberei und Lederverarbei¬
tung eine größere Bedeutung erlangt. Infolgedessen werden aus West¬
europa noch zahlreiche Jndustrieerzeugnisse eingeführt, namentlich Maschinen
aller Art. Der Handel wird durch die großen Ströme sehr begünstigt.
Diese haben nur wenig Gefälle und sind bis nahe an ihre Quellen schiffbar.
Dazu führen Kanäle von Strom zu Strom. In neuerer Zeit hat Ru߬
land auch ein Eisenbahnnetz erhalten, welches alle Hauptteile des Landes
miteinander verbindet.
6. Bewohner. Rußland befaßt verschiedene Völkerschaften in sich.
Das herrschende Volk sind die Russen, die etwa 3A der gesamten Bevölke¬
rung ausmachen. Sie sind Slawen und bewohnen die weite Mitte des
Reiches, sowie den Süden und Südwesten. Ebenfalls Slawen sind die
Polen im Westen und die Kosaken im Süden, welche als gewandte und
verwegene Reiter bekannt sind. In den Ostseeprovinzen und in einzelnen
Ansiedlungen in Südrußland leben Deutsche, in den Städten gibt es auch
zahlreiche Juden. — Außer diesen Mittelländern finden wir auch mehrere
Völker mongolischer Rasse. Zu ihnen gehören die Finnen in Finnland,
die Lappen und Samojeden im Norden, die Kirgisen und Kalmüken nörd¬
lich vom Kaspischen Meer.
7. Der russische Staat. Rußland ist eine absolute Monarchie. Der
Kaiser, welcher den Titel „Zar, Selbstherrscher aller Reußen" führt, herrscht
unumschränkt; das russische Volk hat keinen Anteil an der Regierung und
Verwaltung des Staates. Der Zar ist auch das Oberhaupt der griechisch-
katholischen Kirche, zu welcher sich fast alle Bewohner Rußlands bekennen.
Das europäische Rußland ist aber nur der vierte Teil des gesamten
Russischen Reiches. Dieses umfaßt außerdem ganz Nordasien bis zum
Stillen Ozean; es ist 22 Mill. qkm groß und hat 129 Mill. Bewohner.
Nur vom Britischen Reiche mit seinen 28 Mill. qkm und 400 Mill. Menschen
wird es an Größe und Bewohnerzahl übertroffen. Aber das Russische
Reich ist der größte zusammenhängende Staat der Erde und die zweite
Weltmacht, im Gegensatz zum meerbeherrschenden England eine Landmacht.
8. Städte. Die alte Hauptstadt Rußlands ist Moskau. Es liegt
im Innern des Reiches und hat mehr ein asiatisches als westeuropäisches
Aussehen. In seiner Mitte erhebt sich der Kreml, eine Gruppe von