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Ulrichskirche in Augsburg, die das Ries beherrschenden Türme Nörd- 
lingens gehören zu den hervorragendsten. Das türmereiche Stralsund, 
das dem von Rügen Herüberkommenden wie ein Kleinvenedig auf dem 
Meere entgegenschwimmt, ist eine Perle der Oftseelandschaft, wenn 
deren Edelsteine Lübeck und Danzig sind. 
Der Boden des norddeutschen Tieflandes darf nicht nach den 
Strecken geschätzt werden, die der Reisende am leichtesten und häufig- 
sten sieht. Leipzig, Berlin, Breslau, Posen sind zufällig ungünstige 
Beispiele der norddeutschen Landschaft. Vor Jahren hat Girard darauf 
hingewiesen, wie die Haupteisenbahnlinien die alten, breiten diluvialen 
Täler benutzen, sowie die verbindenden Durchbrüche, und mithin den 
Reisenden durch die einförmigsten Landschaften führen. Gerade hier 
liegen vor allem die großen Sandebenen, tief überschüttet mit dem 
sogenannten Talsand, der mit seinen geraden, tiefen Sandwegen in 
endlos scheinender Perspektive so recht eigentlich die Mark Branden- 
bürg ihres Sandes oder, wie der Volksmund sagt, ihres Schnees halber 
in Verruf gebracht hat. Selbst die Städteanlagen sind in diesem 
Gebiete durch den Sand mitbestimmt, auf dem z. B. die große Friedrich- 
straße zu Berlin fast eine halbe Meile lang schnurgerade und horizontal, 
gerade wie die Pappelalleen der Landstraße, hinzieht. Das ist durchaus 
nicht der Charakter eines überwiegenden Teiles des nördlichen Deutsch- 
lands, der vielmehr in der mannigfaltigsten Gliederung in kleinem 
Maßstabe zu suchen ist. 
Die Moränenlandschaft ist in den unberührten Wald- und Heide- 
gegenden Norddeutschlands ebenso kenntlich wie da, wo der Ackerbau 
den Boden umgestaltet, geregelt und gesäubert hat. Wir erkennen sie 
nicht minder in der Gestalt und Anordnung der Seen und in der 
Größe und Richtung der Täler. Der häufigste und am wenigsten zu 
verkennende Ausdruck dieser Landschaft liegt in dem vielgegliederten 
Gelände mit vereinzelten oder zu kurzen Ketten gereihten Hügeln, 
zwischen denen kleine, mit Wasser oder Torf gefüllte Becken eingesenkt 
sind und erratische Blöcke zerstreut liegen. Selbst wo die Hügel aus 
Sand bestehen, wie in der Märkischen Schweiz, kommt dadurch eine 
Menge kleiner idyllischer Züge zur Ausbildung. Diese Landschaftsform 
erreicht ihre höchste Ausbildung entlang dem Ufer der Ostsee. Der 
Höhenzug, den man Seenplatte nennt, der aber besser Seenhügelland 
genannt würde, bewahrt bei langsam abnehmender Höhe dieselben 
Charakterzüge von Ostpreußens dünnbevölkerten, wald- und seenreichen 
Grenzhügeln im Lande der Masuren bis Holstein. Flachgewölbte und 
im einzelnen hügelige Landrücken sind auch die pommersche, die mecklen- 
burgische, die holsteinische „Seenplatte". Unter gewaltiger Geröll-, 
Sand- und Lehmschicht, Ablagerungen urzeitlicher Gletscher, tritt selten 
wie in den Kreidefelsen Rügens der feste Fels hervor. Selbst die 
höchsten „Berge" sind mit jenem Schutt bedeckt, dessen ungleiche Ver-
	        
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