256
in den bereits stürzenden Gebäuden ein Meer von Feuerbränden auf und
streute sie durch die Luft weithin über die ganze Stadt aus. Landleute,
welche vom Galgen- und Geiersberge die Stadt überschauen konnten, sahen
sie nach dem furchtbaren Fenerregen an 15 Stellen zugleich brennen. Und
an allen diesen Stellen suchte der Sturm die Flamme auf. Je mehr er¬
ste jagte, je mehr er tobte, sie von ihrer Beute loszureißen, desto fester
umklammerte sie dieselbe, und desto gieriger verschlang ihr unersättlicher
Rachen alles, was ihr im Wege stand.
Heulend kommt der Sturm gef logen, derdieFlamme
brausend sucht.
Noch vor 4 Uhr brannte es in der Häselburg, in der Böttcher-,
Weidaischen- und Schuhgasse, auf dem Korn- und Hauptmarkte. Von
hier aus ergriff die Flamme das neue Regierungsgebäude auf dem
St. Johanniskirchhofe, und in wenigen Minuten stand der ganze Kollegien-
hos, das Baderthor, das Gymnasium, die Superintendentur und die
übrigen Häuser ringsum in hellem Feuer. Die in der Mitte stehende
St. Johanniskirche fing, von der umwogenden Glut erhitzt, zu rauchen
an. Schwärzer und schwärzer wurde der Rauch, als plötzlich mit furcht¬
barem Brausen aus dem Dache eine mächtige Feuersäule emporschoß. Eine
halbe Stunde später hörte man außen an der Stadtmauer eine gewaltige
Erschütterung, von gellenden, schwirrenden Tönen begleitet. Die 4 Glocken
des Turmes waren herabgestürzt und hatten das Gewölbe der Kirche
durchgeschlagen; sie zerschmolzen in ihrem Innern, denn die Glut war so
groß, daß sogar die in der Gruft stehenden Särge der Eltern des
regierenden Grafen und einer seiner Verwandten mit den Leichnamen ver¬
brannten.
Gleichzeitig mit der Kirche fing das Rathaus und das herrschaftliche
Gebäude am Markte zu brennen an.
Gegen 4 Uhr ergriff das Feuer das Zucht- und Waisenhaus. Man
hatte das vierstöckige, ganz massive Haus für unzerstörbar gehalten; aber
die Flamme richtete sich dicht an der Wand empor und stieg höher und
immer höher. Eben hatte die dort hängende Glocke die vierte Stunde
geschlagen, als sie herunter fiel. Wenige Minuten später stürzte die Turm¬
spitze nach, und nun drang der Brand mit rasender Schnelligkeit tiefer in
das weitläufige Gebäude hinunter.
Die sämtlichen Häuser am Roß- und Walkmühlenplatze und zwischen
beiden in der Straße brannten. Über die Stadtmauer hinaus und am
Klotzthor standen die Kaisergasse und der Korb und weiter draußen die
Klotzmühle in Brand. Auf der andern Seite der Stadt, in der äußeren
Schloßgasse, der Bürengasse und in der Neustadt wütete die Flanime seit