Full text: [Theil 2, Abth. 1] (Theil 2, Abth. 1)

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rieih ihm tragische Nöllen einzustudkeren, und sich im 
Singen und Declamiren zu üben. Zwar schämte er sich 
anfangs dieser Beschäftigung noch vor ehrbaren Leuten, 
zuletzt aber bewogen ihn sogar seine Schmeichler, auf öf¬ 
fentlichem Theater vor dem Volke singend und tanzend 
aufzutreten. — Doch nahm seine Gewissensangst immer 
mehr zu und mit ihr seine Naserey. Er wollte etwas 
außerordentliches thun, und ganz Nom umschaffen. Plötz¬ 
lich standen alle Quartiere dieser ungeheuren Stadt in 
Flammen, und brannten sieben Tage lang (vom 18. bis 
24. Iuly 64). Auf welche Personen die Schuld von die¬ 
sem Brande geschoben, und wie dieselben auf die grau¬ 
samste Weise hingerichtet wurden, ist bereits oben, in 
der Geschichte des Chriftenthums, erzählt worden. — 
Der Kaiser beschäftigte sich nun vorzüglich mit dem Bau 
der ganzen Stadt, wodurch alle seine Kassen erschöpft 
wurden. Ein eigenes Quartier nahmen allein die Gebäu¬ 
de, Gärten, Wildbahnen, Bäder und Seen ein, die den 
kaiserlichen Pallast ausmachten; und sein Wohnsitz, das 
goldene Haus genannt, übertraf an Pracht alles, was 
vor ihm in Gold, Marmor, Perlen, Edelgesteinen und 
köstlichen Holzarten vergeudet worden war. Italien und 
Griechenland wurden ausgeplundert zu diesen unerhörten 
Verschwendungen, die reichsten Familien wurden ermor¬ 
det um ihres Geldes willen, und seine Agenten sandte 
er gewöhnlich mit den Worten zur Eintreibung der neuen 
Steuern aus: „Ihr wißt, was ich brauche; sorget, daß 
niemand etwas übrig behalte!" 
Während Nero seine Thorheiten und Grausamkeiten 
in sicherer Nuhe verübte, entspann sich gegen ihn eine Ver¬ 
schwörung, worin fast der ganze Römische Adel verwickelt 
war (65), doch das Vorhaben ward verrathen, und die 
Verschwornen kamen sämmtlich um's Leben. *) 
*) Unter den Angegebenen war auch Seneea, und darüber 
freute sich Nero am meisten. Er hatte schon ehedem
	        
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