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unverändert den Nachkommen zu überliefern. Es zählen dazu nicht
etwa nur stattliche, ins Auge fallende Baulichkeiten und Denkmäler,
wie Kirchen und Schlösser, Rathäuser und Stadttore sondern auch
bescheidene Kapellen, Kleinbürgerhäuser, alte Brunnen- und Garten -
bauschen u. dgl.
Aber nicht nur in der Stadt stehen unsere Vorbilder sondern
auch if dem Lande: das einfache fränkische Bauernhaus zeigt sich
uns bei näherer Betrachtung als eine Musterleistung in Bezug auf die
zweckmäßige Anordnung der einzelnen Räume. Das Wohnhaus steht
mit der Giebelseite gegen die Straße; durch die im Winkel dazu ge¬
stellte Scheune wird der Hof gebildet, der durch eine Mauer von der
Straße geschieden ist. Diese allgemeine Anordnung der Gebäude ist
wohlüberlegt und durch Jahrhunderte erprobt; bei Neuanlagen sollte
deshalb nur in besonderen Fällen davon abgewichen werden. Das
Wohnhaus des Bauernhofes ist gewöhnlich bis zum Sockel, oft auch
bis zum Obergeschoß in Bruchsteinmauerwerk aufgeführt. Die Fugen
sind dann sauber mit Kalkmörtel verstrichen. In waldreichen Gegenden,
zu denen ja Unterfranken heute noch gehört, errichtete man die oberen
Geschosse in Fachwerk. Nahezu in jedem Dorfe, in jedem Städtchen
Unterfrankens finden wir solche Fachwerkhäuser. Breite und reich¬
profilierte Schalbretter vermitteln den Übergang von Geschoß zu Ge¬
schoß. Die starken Eckpfosten zeigen meist hübsche Schnitzerei und
die Füllungen zwischen den einzelnen Sparrenfeldern sind in sehr ge¬
schickter Zimmermannsarbeit ausgeführt. Zu oberst sitzt ein nach
vorn über die Giebelfiäche keck herausgezogener Schopfwalm. Er
hat den Zweck den darunter hegenden Aufzugsbalken, der zur Be¬
förderung von Getreidesäcken, von Holz, Heu und Stroh in den Dach¬
boden dient, vor Regen zu schützen. Die Zwischenfelder des Fach¬
werkes waren im Mittelalter aus Flechtwerk hergestellt, das mit Lehm
überstrichen wurde. Später füllte man die Felder mit Ziegelmauer¬
werk aus und verputzte sie, doch so, daß die ganze Schönheit der
Holzkonstruktion sichtbar blieb. In den letzten Jahrzehnten schämten
sich viele Hausbesitzer ihrer Fachwerkhäuser und ließen die ganze gute
Zimmermannsarbeit mit Verputz übertünchen um so den Anschein
eines Steinhauses zu erwecken. Das ist nicht aufrichtig, aber auch
nicht zweckmäßig, denn ein solcher Verputz auf Holz zeigt alle Jahre
neue Risse und Sprünge. Es empfiehlt sich deshalb, solche übertünchte
Außenseiten, die leicht daran erkennbar sind, daß das nächsthöhere
Geschoß über das untere etwas hervorragt, wieder freizulegen und
das alte Fach werk wieder zur Geltung zu bringen. Ebenso unzweck¬
mäßig ist aber die Sitte, das Mauerwerk unverputzt stehen zu lassen.
Durch die nicht geschlossenen Mörtelfugen dringt Wind, Feuchtigkeit
oder Kälte ein und solche Mauern werden stets feucht bleiben. Die
Abschlußmauer des Bauernhofes enthält meist ein Pförtchen für Fuß-