Full text: Vaterländisches Lesebuch für untere und mittlere Klassen höherer Lehranstalten

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lft; doch der Dampfer überwindet alle Schwierigkeiten, und nach 
^chs Tagen, von Port Said aus, fallen in Aden die Anker. Aden, im 
Grunde eines ausgebrannten Kraters gelegen, ist von den Engländern 
einer Felsenfestung, dem Gibraltar des Ostens gemacht, das den 
Eöeg nach Ostindien und dem roten Meere hütet. Staunenerregend ist 
Me Thatkraft, mit der in solcher Gegend, von wilden, kampfbegierigen 
Äraberstämmen umringt, an einer glühenden Küste, diese Stadt be¬ 
hauptet wird. Quellwasser, Bäume, ja nur ärmliche Vegetation sind 
Reichtümer, die man an jenem Gestade nicht kennt, wo die Luft zittert, 
als strömte sie aus einem heißen Ofen. Und dennoch leben dort 
Europäer, gleich uns an ein besseres Dasein gewöhnt, die sehnsüchtig 
^s Dampfers harren, der ihnen Nachrichten aus der Heimat bringt, 
^ur durch ihn hängen sie zusammen mit allen den großen Bewegungen 
and Fragen, die im Mutterlande sich abspielen. 
Von Aden geht es dann in acht Tagen mit Dampsesflug nach 
Colombo auf Ceylon, diesem „Garten der Erde". Diese Insel der 
Ämmetbäume beginnt erst in neuerer Zeit eine größere Wichtigkeit 
zu erlangen, besonders da sie Knotenpunkt für die verschiedenen regel¬ 
mäßigen Dampserlinien nach Kalkutta, Bombay, Mauritius, Singapore 
and Australien geworden ist. 
Wir wählen hier zu unserer Erdumseglung letztere Linie und ge¬ 
langen nach 21 Tagen über Melbourne nach Sydney, jetzt der Haupt¬ 
stadt der blühenden Kolonie Neu-Südwales, früher übelbeleumnndet 
als Verbrecherstation. Nach einer fünftägigen Fahrt, von Sydney ab, 
sthen wir die merkwürdige Doppelinsel Neuseeland, dieses australische 
Großbritannien, vor uns auftauchen. Wir können seinen Gletschern, 
lMNen kochenden Springquellen, seinen rauchenden Schwefelfeldern und 
untergehenden, einst menschenfrcssenden Maori-Bevölkerung einen 
besuch abstatten — dann nimmt uns das Schiff abermals auf, und in 
^0 Tagen haben lvir den großen Ozean durchschnitten und den Hafen 
aon San Francisco erreicht. 
Hier nehmen wir von dem Meere auf einige Zeit Abschied und 
vertauschen den Dampfer mit der Eisenbahn, der berühmten Pacific- 
^lsenbahn, die am 8. Mai 1869 vollendet worden ist. In Wolken¬ 
hohe, am Rande gewaltiger Felsabhänge, durch die unzugänglichsten 
Gebirgsschluchten, über weite Thäler und reißende Ströine, durch die 
^lefe des Gebirges hin rast der menschenbeschwerte Dampfzug, durch- 
^ruzt endlos scheinende Wüsten und trägt die Kultur in brausendem 
Strome in das Innere eines Erdteils, in Gegenden, welche vor kurzem 
^och gegen die Civilisation vollständig abgeschlosseil schienen und nur 
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