Full text: Nicolaisches Realienbuch

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H. Seine Bedeutung. Der Große Kurfürst hat die zerstreuten Teile 
seines Landes zn einem einheitlichen Staate umgeschaffen und von Polen die 
Unabhängigkeit des Herzogtums Preußen erstritten. Er hat sich von den 
Ständen unabhängig gemacht und zum unumschränkten Herrn seines Landes 
erhoben. Ferner ist er der Begründer des stehenden Heeres in Brandenburg- 
Preußen und hat mit seiner Hilfe dem Staate eine achtunggebietende Stellung 
in Europa verschafft. Friedrich Wilhelm hat sich auch als Schützer des Reiches 
gegenüber dem ländergierigen Ludwig XIV. bewährt und sein ganzes Land 
zu Wohlstand gebracht, so daß Friedrich der Große mit Recht von ihm sagen 
konnte: „Der hat Großes getan!" 
Die erste Gemahlin des Großen Kurfürsten war die Tochter des Erb¬ 
statthalters von Holland, wo sie Friedrich Wilhelm während seines Aufent¬ 
haltes im Haag kennen gelernt hatte. Ihr sanftes und frommes Gemüt und 
ihre Geschäftigkeit in Haus und Garten gewannen ihr des Kurfürsten Zu¬ 
neigung. Als bald nach der Verheiratung ihr Vater schwer erkrankte, pflegte 
sie ihn sorgsam bis zu seinem Tode; erst dann folgte sie ihrem Gemahl in 
sein Land. — Als Landesmutter sorgte sie für Arme und Notleidende; 
besonders erregten die armen, verlassenen Waisenkinder ihr Mitleid. Für diese 
gründete sie int Dorfe Bötzow an der Havel, ihr zu Ehren Oranienburg 
genannt, ein Waisenhaus, das noch heute besteht. Sie stand auch ihrem 
Gemahl, der gern ihren Rat hörte, in den Regierungsgeschästen treu zur 
Seite. Aus seinen Reisen durch das Land ertrug sie alle Unbequemlichkeiten 
des damaligen Reifens, nur um in seiner Nähe zu sein und ihn mit ihren 
Ratschlägen zu unterstützen. Mit besonderer Vorliebe förderte sie die An¬ 
siedelung ihrer Landsleute in der Mark und bildete nach und nach eine 
holländische Kolonie in Oranienburg. Hier schuf sie eine wahre Mnster- 
wirtschaft für Land- und Gartenbau und Viehzucht. Leider war ihre segens¬ 
reiche Wirksamkeit nur von kurzer Dauer; noch nicht 40 Jahre alt, starb sie. 
In Oranienburg ziert ihr Denkmal den Platz vor dem Waisenhause. 
1. Seine Jugendzeit. Zur Zeit des Großen Kurfürsten herrschte in 
Frankreich Ludwig XIV., der bereits als fünfjähriger Knabe zur Regierung 
kam. Während seiner Kindheit führte seine Mutter unter dem Beistand des 
Kardinals Mazarin die Regiernngsgeschäfte. Der Kardinal erzog den jungen 
König nach dem Grundsatz, daß der Wille des Königs das höchste Gesetz sei, 
und legte so den Grund zu der späteren Herrschsucht Ludwigs („Der Staat 
bin ich"). 
2. Ludwigs Regierung. Nach dem Tode des Kardinals übernahm 
Ludwig selbst die Regierung. Die reichen Einnahmen des Landes ver¬ 
schwendete der prachtliebende König in einem prunkvollen Hosleben, durch 
märchenhafte Prachtbauten (Schloß Versailles) und durch Unterhaltung eines 
großen Heeres, das seiner Eroberungssucht dienen sollte. Mit Vorliebe nannte 
Luise Henriette von Oranien. 
Ludwig XIV. von Frankreich (1i»43—1715),
	        
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