93
Menschen. Wo dunkles Gebüsch ist, da nistet die Nachtigall und
erfreut uns durch ihren süßen Gesang. Uber den Wiesen und
in den Gärten summen Käser. Den Fischen aber ist es gar
wohlig in den kühlen Fluten der Havel und der Spree, und
fröhlichen Sinnes schießen sie durch die bläulichen Gewässer der
Seen, mit denen die Mark bedeckt ist.
6. Es ist freilich keine leichte Arbeit, das dürre Land der
Mark zu bestellen. Die Menschen müssen es im Schweiße ihres
Angesichts tun. Aber denr treuen Fleiße ist es gelungen, selbst
wüste Striche in gutes Ackerland verwandeln. Die Hand des
Menschen hat Gräben durch die Niederungen gezogen und sie
trocken gelegt. An andern Stellen ist manches Stück trockenen
Landes künstlich bewässert und so in fruchtbares Feld verwandelt.
139. Im Spreewalde.
Johann Gottlieb Kutzner.
1. Eine der merkwürdigsten Gegenden der Provinz
Brandenburg ist der Spreewald, in dessen Mitte die Stadt
Lübben liegt. Der Spree fehlt es hier an Gefall. Sie teilt
sieb daher in eine unzählige Menge von Armen, die eine
weite Niederung durchs liessen.
2. Die Bewohner des Spreewaldes müssen alle Ausflüge
und Besuche in Kähnen abmachen, die sie mit grosser Ge¬
schicklichkeit pfeilschnell durch das Wasser treiben. In fest¬
lichem Schmucke fährt man Sonntags in Kähnen zur Kirche.
In ernstem Schweigen folgen auf Kähnen die Leidtragenden
der Leiche eines Verstorbenen, welche zu Wasser nach dem
Gottesacker gebracht wird. Im Kahne besucht der Förster
sein Revier; in Kähnen werden die Ernten heimgeholt.
3. Der Fremde, welcher zur Sommerzeit in diese Gegend
kommt, hat einen reichen Genuss. Die hohen, uralten Eichen
und Erlen, welche die Ufer umgeben, bieten in der Sommer¬
schwüle einen erquickenden Schatten und spiegeln ihr dunkles
Laub lieblich in dem klaren Wasser. Unter einem Laub¬
dache gleitet das Fahrzeug sanft dahin. Und wenn nun gar
der Abend hereinbricht und der Mond sein blasses Licht
durch das Laub der Bäume wirft, dann ist der Anblick über¬
aus köstlich.