Full text: Illustriertes Realienbuch

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III 
selben sind mit den Blut-Haargefäßen innig vereinigt; das Blut nimmt den 
Sauerstoff der eingeatmeten Luft auf und führt ihn nach allen Teilen des Körpers, 
woselbst die unbrauchbar gewordenen Stoffe unter Wärmeentwickelung ver¬ 
brannt werden. Die Verbrennungserzeugnisse, Kohlensäure und Wasserdampf, 
werden von dem Blute nach den Lungen geführt und nun ausgeatmet. Die 
Einatmung geschieht durch Ausdehnung, die Ausatmung durch Zusammenziehung 
des Brustkastens, gerade wie bei einem Blasebalge. 
Die Lunge reinigt und verjüngt das Blut und erzeugt durch einen lang¬ 
samen Verbrennungsprozeß die Körperwärme. Das kann sie aber nur, wenn 
sie mit reiner, frischer Luft gespeist wird. Die Luft wird verdorben durch die 
Ausatmungen vieler Menschen in geschlossenen Räumen, durch Rauch, Staub, 
Plätteisen-Dunst, Kohlenoxydgas aus zu früh geschlossenen Ofen, Dämpfe von 
Quecksilber, Phosphor und Arsenik, Sumpf- und Kloakenluft. Wohn- und 
Schlafzimmer müssen fleißig gelüftet, was den Brustkasten beengt und tiefes 
Atmen erschwert, muß beseitigt, ein tiefes Vollatmen, besonders in freier Waldes¬ 
luft, fleißig geübt werden! — Die Kleidung sei so, daß der Kopf kühl, der Hals 
bloß, die Brust nicht beengt, der Unterleib warm aber nicht geschnürt, der Fuß 
trocken sei. Durch gesunde Nahrung und Atmung, Reinlichkeit und Bewegung, 
Vorsicht und Achtsamkeit beugt man den Krankheiten vor. Sie sind leichter zu 
verhüten als zu heilen. — 
Die Ansteckungsstoffe, welche gewiffe Krankheiten verbreiten, sind fest 
oder flüssig oder flüchtig. In vielen Fällen, wie bei der Cholera und der 
Schwindsucht, sind es winzig kleine Spaltpilze (Bakterien). Die festen und 
flüssigenAn st eckungs flösse werden durch Berührung der Kranken oder der 
von ihnen gebrauchten Gegenstände, wie Kleider rc., und durch ihren Auswurf 
übertragen, die flüchtigen, z. B. bei Masern, Scharlach, Pocken und Keuch¬ 
husten, durch die Luft verbreitet. Gebietet die Pflicht, bei einem Ansteckenden zu 
verweilen, so wird die Gefahr der Ansteckung vermindert durch festen Willen, 
der Furcht und Ekel bannt, durch frohe Stimmung, öfteres Waschen, Nichthinab- 
schlucken des Speichels, fleißiges Lüften des Krankenzimmers und öfteren Aufenthalt 
in Luft und Sonnenschein. Ohne Not und nüchtern soll niemand in ein Kranken¬ 
zimmer gehen. Zerstört werden die ansteckenden Krankheitskeime durch Chlorräuche¬ 
rung, durch Erhitzen der Kleidungsstücke im Backofen und durch Waschen der 
Haut mit Ammoniak. Besonders gefährlich ist es, mit offenen Hautwunden sich 
Ansteckungsstoffen auszusetzen. Sehr leicht tritt dadurch Blutvergiftung ein. 
Schmarotzer im menschlichen Körper. 
89. Die Trichine. 
1. Die Trichine ist ein haarsörmiges Würmchen, das man nur unter 
dem Mikroskop entdecken kann. — 2. Die Weibchen werden 3 mm, die Männchen 
halb so lang. Sie haben die Farbe des Fleisches und 
bilden einen Schlauch, der beim Männchen hintenein 
paar gekrümmte Zapfen, beim Weibchen vorn eine Öff¬ 
nung hat, aus der die Jungen kriechen. — 3. Die Darm¬ 
trichine lebt im Darm der Schweine, Ratten und anderer 
Tiere und setzt hier Tausende von Jungen ab. Diese 
durchbohren die Gesäße und dringen bis in das Muskel- ... . 
fleisch vor, wo sie sich zuletzt wie Uhrfedern zusammen- ' tine r Der0r' 
rollen und einkapseln. Hier liegen sie unschädlich, bis sie z. B. durch den 
Genuß von rohem Schweinefleisch in die Eingeweide des Menschen gelangen. 
Millionenweise durchbohren sie dann die Wände der Gefäße und die Muskel¬ 
fasern und bewirken dadurch gefährliche Entzündungen. Sie lieben als Sitz 
besonders alle Beweguugsmuskeln. Sobald sie durch Ausschwitzung eine 
kreidige Kapsel gebildet haben, hat es mit dem Kranken keine Gefahr mehr.
	        
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