Full text: Illustriertes Realienbuch

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so daß ber heiße Wüstensand mit Leichen bedeckt war. Nach großen Opfern 
wurden einzelne Festungen genommen, so Antiochia; aber kurze Zeit nach 
der Einnahme wurden die Sieger von einem türkischen Heere eingeschlossen 
und in die entsetzlichste Not gebracht. Plötzlich ward der gesunkene Mut der 
Belagerten wunderbar gehoben durch Auffindung der heiligen Lanze, mit der 
Jesu Seite durchbohrt worden sein sollte. Unter Gesang und mit Todes¬ 
verachtung stürzten sich die halb verhungerten Kreuzfahrer auf die Feinde 
und schlugen sie in die Flucht. Durch den Libanon zog nun der Rest des 
stolzen Kreuzheeres nach Süden und erblickte in der Morgendämmerung von 
Emmaus' Höhe die heilige Stadt. „Jerusalem, Jerusalem!" riefen die er¬ 
schöpften Krieger mit Entzücken, sanken weinend nieder und küßten die Erde. 
5. Die Eroberung Jerusalems (1099). Aber die hl. Stadt war stark 
befestigt und von 60000 Streitern verteidigt. Mit ungeheuren Anstrengungen 
schafften die Kreuzfahrer, die kaum halb so viel an Zahl waren, Belagerungs¬ 
maschinen, besonders bewegliche Türme, herbei. Zwei Tage wurde mit bei¬ 
spielloser Tapferkeit gestürmt, aber erfolglos. Da glaubten die Kreuzfahrer 
plötzlich auf dem Ölberge einen Ritter in leuchtender Rüstung zu sehen. 
„Gott sendet den Erzengel Michael zu Hilfe!" rief man sich zu, und die 
Begeisterung ward unwiderstehlich. Zuerst erstiegen Gottfrieo und sein 
Bruder von einem Turme die Mauer. Ein Thor ward niedergerannt, die 
erste Ringmauer durchbrochen, der Wallgraben ausgefüllt, und hinein stürmten 
die rachedurstigen Scharen mit dem Rufe: „Gott will es!" In grauenvoller 
Metzelei fielen 70000 Türken; die Juden wurden in ihrer Synagoge ver¬ 
brannt; bis an die Knöchel wateten die Sieger im Blute. Gottfried aber 
ging barfuß im Büßergewande zum heiligen Grabe und dankte Gott knieend 
für den Sieg. Da warf auch das Kriegsvolk die Waffen weg und zog 
barfuß unter Bußgesängen in die Grabeskirche. Man bot dem edlen Gottfried 
die Krone von Jerusalem an, er aber sprach: „Wie sollte ich an der Stelle 
eine goldene Krone tragen, wo mein Heiland unter der Dornenkrone geblutet 
hat!" und nannte sich nur Beschützer des heiligen Grabes. Nachdem er noch 
ein siebenmal stärkeres Heer des Sultans von Ägypten besiegt hatte, erlag 
er schon im nächsten Jahre den übermenschlichen Anstrengungen. Sein 
Bruder Valduin folgte ihm als König von Jerusalem. 
6. Folgen der Kreuzzüge. Durch die Uneinigkeit der Christen und die 
Tapferkeit der Türken ging später ein Ort nach dem andern wieder verloren. 
Und obgleich das Abendland in 7 Kreuzzügen gegen 6 Mill. Menschen opferte, 
so fiel doch nach 200 Jahren die letzte christliche Besitzung in Palästina den 
Türken wieder in die Hände. Die Kreuzzüge sind indessen von wichtigen 
Folgen gewesen. Das Ansehen der Päpste und die Macht der Kirche wuchsen 
ungemein. Viele Fürsten erweiterten ihre Hausmacht durch erledigte Lehen. 
Das Rittertum entwickelte sich zur vollsten Blüte. Die Macht der Städte 
wuchs zusehends durch den lebhaften Handelsverkehr. Viele Leibeigene 
kauften sich los, und der Bauernstand wurde freier. Die Völker traten 
sich näher; neue Länder, Pflanzen und Tiere wurden bekannt, fremde Sprachen 
studiert, die Werke der gelehrten Griechen und Araber durchforscht, den 
Malern und Dichtern neue Gegenstände für ihre Künste zugeführt. 
10. Friedrich I. Barbarossa (1152—1190). 
1. Die staufischen Kaiser (Hohenstaufen). Nach den fränkischen Kaisern 
regierte Lothar von Sachsen (1125—1137). Dann gelangten die Staufer, 
welche von der Burg Staufen in Schwaben stammen, auf den Thron. Unter
	        
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