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22. Erfindung des Schießpulvers; 1350.
Während des Mittelalters haben sich viele Menschen bemüht,
Gold herzustellen. Einst, so erzählt die ^age, zerstampfte zu diesem
Zwecke der Mönch Berthold Schwarz in einem eisernen Mörser Schwefel,
Salpeter und Holzkohle und bedeckte das Gefäsi mit einem Stein. Zu¬
fällig flog ein Funke in dies Pulver, sofort entzündete es sich und
schleuderte den Stein mit furchtbarer Gewalt gegen die Decke. Er
wiederholte den Versuch, immer mit demselben Erfolge. Zuerst benutzte
man es nur zum Sprengen, dann auch zum Fortschleudern schwerer
Steine aus Mörsern. Allmählich verlängerte man die Mörser zu Ka¬
nonen, d. i. Röhren, aus denen man steinerne oder eiserne Kugeln schoß.
Die Kanonen waren anfänglich sehr schwer und ruhten nicht ans Rädern,
so daß zu ihrer Fortschaffung wohl 60 Ochsen erforderlich waren und
sie nur als Belagerungsgeschütz verwendet wurden; um 1350 benutzte
>nan auch leichtere, fahrbare Feldgeschütze, Feldschlangen genannt. Sie
trugen, wie noch heute die Schiffe, eigene Namen, z. B. Schnurrhindurch,
Nachtigall, Lukas, und wurden mit Inschriften versehen wie: „Schärpe
Orete bin ick gheheten, Wan ick lache, dat wert den viend ver-
dreten.“ Später verfertigte man auch Hakenbüchsen oder Musketen, die
der einzelne Mann tragen konnte, aber beim Abfeuern aus eine Gabel
legen mußte. Sie wurden mittels einer Lunte entzündet; um diese ent¬
behrlich zu machen, brachte man an der Muskete Schlösser mit einem
Feuerstein oder Flint an, der beim Niederschlagen Funken hervorbrachte
und dadurch das Pulver entzündete. Bon dem Flint nannte man die
Gewehre Flinten; von der Muskete haben die Musketiere ihren Namen.
Die Benutzung der Feuerwaffen veränderte das ganze Kriegs¬
wesen. Schild und Panzer hielten ihnen gegenüber nicht mehr stand;
deshalb verlor das Ritterheer seine bisherige Bedeutung, lind das mit
Musketen versehene Fußvolk wurde die wichtigste Truppe. Es kam jetzt
weniger auf die Tapferkeit des Einzelnen an, als vielmehr auf
die geschickte Führung großer Massen. Die Mauern der Burgen und
Städte boten jetzt nicht mehr genügenden Schutz, sondern mußten durch
Wälle und starke Türme verstärkt werden; manche Burg wurde damals
ganz aufgegeben. Auch Osnabrück wurde jetzt mit Wällen und Türmen
befestigt; die Stadt errichtete eine Pnlvermühle, stellte Wallmeister und
Büchsenmeister an.
23. Johann Huß; 1415.
1. Kirchliche Mitzstiinde. Um 1400 waren in die christliche Kirche
mancherlei Mißbräuche eingedrungen. Drei Päpste stritten sich um den
päpstlichen Stuhl und thaten einander in den Bann. Die hohen Geist¬
lichen besaßen oft mehrere Bistümer, kümmerten sich aber um das kirch¬
liche Leben wenig; die niederen Geistlichen waren meistens unwissend
und lebten sittenlos, alle aber trachteten danach, die Kirche zu bereichern.
1350 wurde ganz Deutschland von einer furchtbaren Pest, Schwarzer
Tod genannt, heimgesucht; in Osnabrück sollen nur sieben ungetrennte
Ehepaare übrig geblieben sein: auch dieses Unglück benutzten die Geist¬
lichen, herrenloses Gut an die Kirche zu bringen. Der Besitz und die