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Johann Christoph Friedrich non Schiller.
Z 56. Schiller wurde den 10. Novbr. 1759 zu Marbach geb. Sein
Vater war damals Lieutnant und in dürftigen Verhältnissen; deshalb nahm
Herzog Karl Eugen den Knaben in die Karlsschule 1773 auf, wo er sich
auf das Studium der Medizin vorbereitete. Schon auf der Schule dichtete
er. Später trat er als Militärarzt in das Regiment. Hier fühlte er sich
zu sehr im Zwange und flüchtete. Traurige Jahre der Noth und des
Elends waren die Folgen, bis zunächst Frau von Wolzogen in Bauerbach
und später der Appellationsrath Körner in Dresden sich seiner liebend
annahmen. Endlich erlangte er eine kleine Professur der Geschichte in Jena
1789. Nach seiner engern Verbindung mit Goethe 1794 fiedelte er end¬
lich nach Weimar 1799 über, ft aber schon den 9. Mai 1805. Schillers
Schicksal ist das Gegenbild des Goetheschen; ein trüber Himmel lagerte
fast stets über seinen Lebenstagen. Alles, was er uns geworden ist, hat
er sich erkämpfen müssen. Kein Dichter, selbst Goethe nicht, hat so das
Herz der Nation zu erobern gewußt, als Schiller. In ihm ist die glühende
Begeisterung für alles Hohe, Edle und Wahre verkörpert erschienen. —
Schillers poetische Thätigkett zerfällt in drei Perioden: Die erste reicht bis
zu seiner Verbindung mtt Körner 1785; die zweite bis 1794, wo er mit
Goethe in das engste Verhältniß trat; die dritte bis zum Tode umfaßt
seine Blüthezeit. Schiller ist vorzugsweise Dramatiker. Als solcher
schuf er: Don Karlos 1786, Wallenstein 1799, Maria Stuart 1800,
Jungfrau v. Orle ns 1801, tzie Braut von Messina 1803, Tell 1804.
Als Epiker hat er uns eine Reihe der ausgezeichnetsten Balladen hinter¬
lassen. Lyriker im engern Sinne ist er gar nicht; er hat nicht ein ein¬
ziges eigentliches Lied geschaffen. Dagegen ist er der Schöpfer einer An¬
zahl von Dichtungen, welche man „Jdeendichtungen" nennt, und die ihm
einzig gehören: sie sind in ihrer Art unerreichbar schön (die Glocke, der
Spaziergang, Ideal und Leben, Genius, Glück rc.). Vorzüglich sind auch
seine historischen und philosophischen Schriften.
Romantische Schule.
§ 57. Mit Goethe und Schiller sind eigentlich alle poetischen Stosse
erschöpft, das innerste Gemüthsleben, wie das bewegte Leben der Welt¬
geschichte. Da greifen die Romantiker zurück in das Mittelalter, um der
durch Jffland und Kotzebue angebahnten Verflachung entgegen zu arbeiten.
Die Hauptdichter dieser Schule sind: Novalis (Fr. v. Hardenberg),
geb. 1772, ft 1801, ein tiefes, religiöses Gemüth und trefflicher Lieder¬
dichter. — Ludwig Tieck 1773—1853, der vielseitigste Dichter dieser
Schule. Er schrieb Romane, Dramen, Mährchen und Sagen; am be¬
rühmtesten ist er durch seine Novellen; seine lyrischen Gesänge sind durch
Tiefe und Formschönheit ausgezeichnet („Der Krieg in den Sevennen",
„Dichters Leben", „Dichters Tod" u. v. a.). Unübertroffen ist Tiecks
Uebersetzung des Shakespeare, welche er mit A. W. v. Schlegel unter-