III. Naturkunde in Hruppenöikdern.
l. Der Laubwald.
(Gänge dahin im April bezw. Mai und im September.)
Zwei Anhöhen aus Muschelkalk schließen eine Waldwiese ein. Sie sind mit
Laubwald bedeckt. Der schwarze Waldboden besteht aus verwittertem Gestein
und vermodertem Laube. Die M o o s decke und der Baumschatten halten den Boden
feucht. Unter dem Laube finden allerlei Tiere und Pflanzenkeime Schutz gegen die
Kälte. Feuchtigkeit und Wärme sind die Bedingung des Pflanzenlebens.
Vor dem Walde ist ein Kalkofen, in dem Kalk gebrannt wird. Am Rande
des Waldes steht eine mächtige Eiche, die ihre knorrigen Äste wie lange Arme
ausbreitet. Ihre Blätter sind gebuchtet und ihre Früchte längliche Eicheln in
rauhen Näpfchen. Wie Säulen steigen die runden, glatten Stämme der Buchen
auf. Sie bekommen eiförmige Blätter und braune Bucheckern in stacheligen Hüllen.
Die Hainbuche hat weißes Holz, einen gedrehten Stamm und dreilappig ge-
flügeue Samen. Durch das Baumgewirr leuchtet die weiße Birke mit ihren
hängenden Zweigen. Der glatte, gelbgraue Ahorn hat handförmig gelappte Blätter
und geflügelte Doppelfrüchte, die Esche gefiederte Blätter und geflügelte Früchtchen,
die Esp e oder Zitterpappel eine glatte, weißlicheSchale, zitterndeBlätter und wollige
Samen. DieLaub bäume haben schattiges Astwerk und lassen vielenSträuchern
Licht und Luft zum Leben. Am Waldrande bilden Hasel st räucher eine Art
Zaun. In einer Senkung stehen Sahlweiden. Durch die kahlen Weiß- und
Schwarzdornhecken schimmern die rosenroten Blüten des giftigen Kellerhals.
Unter Baum und Busch blühen viele Frühlingsblumen. Gesellig wächst
an feuchten Stellen die Frühlingsknotenblume. Herdenweise blüht die weiße,
rot angehauchte Osterblume. Noch früher kommt die blaue Leberblume mit
dreilappigen Blättern und das Scharbockskraut mit gelben Blüten. Am
sonnigen Hange zeigen sich die zwei breiten Blätter der Maiblume, die später
aus dem Wurzelstocke die Blütenstiele mit weißen, duftigen Glöckchen treibt.
Auf Erde, Baum und Busch regt sich das mannigfaltigste Tierleben. Auf
der Erde kriecht die schwarze oder rotaelbe nackte Wald sch necke. Unter dem Hasel¬
strauche erwacht aus seiner Puppenhülle der Haselbohrer, ein braunes Rüssel-
käferlein. Über das Laub zieht ein langer Zug der grauen, haarigen, sehr schäd¬
lichen Prozessionsraupen. Um die Erchenknospen fliegen wie Mücken die
Gallwespen. Sie bohren die Blätter an und schieben ihre Eier hinein. Durch
den Saftzufluß entstehen die schwammigen Galläpfel. Die rotbraune Ameise läßt
sich den Baumsaft schmecken. Ünter der Rinde ist der Buchdrucker, ein schwarz¬
braunes Käferchen, kleiner als ein Roggenkorn, und gräbt lange Gänge für seine
Eier. Die ausschlüpfenden Larven bohren weiter. Das Netz ihrer Gänge sieht
wie Buchdruck aus.
An den Weidenkätzchen summen Bienen und Hummeln. Auf einem Kalk¬
felsen sonnt sich eine.giftige Kreuzotter. Auf einem der höchsten Aste singt eine
ölgraue Drossel. Über das Laub hüpft in eiligen Sprüngen die Schwarzamsel
mit dem gelben Schnabel und sucht Schnecken, Würmer, Insektenlarven und übrig
gebliebene Beeren.
Da schießt ein Habickt aus der Luft herab, packt die Drossel mit dem Haken¬
schnabel und den scharfen Krallen, würgt sie ab und trägt sie in seinen Horst auf
eine hohe Eiche. Der Räuber ist hühnergroß, aschgrau und unten weiß und schwarz
gewellt. Ein Sperber, taubengroß, schiefergrau und dunkel gewellt, hat mit
seinen scharfen Augen die Amsel erspäht und verfolgt sie hastig, aber sie rettet sich
vor ihm in die dichtesten Hecken. An der Eiche klettert ein Buntspecht in die
Höhe. Er ist schwarz und weiß gescheckt, am Hinterkopf und Hinterleibe rot. Die
paarigen Zehen der Kletterfüße schlägt er in die Rinde und stützt sich auf den steifen
Kletterschwanz. Die scharfen Augen gucken in alle Risse; der starke Schnabel dient
als Meißel und Bohrer. Mit der wurmförmigen Zunge holt er allerlei Insekten¬
larven aus ihren Schlupfwinkeln. Von einem Ast fnegt ein Vogel mit lautem
„Kuckuck" nieder und würgt die stachelhaarigen Raupen. Unter dem Haselstrauche