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Geographie.
II
nach O. und S. immer mehr ab, weil die Entfernung vom Meere wächst.
Mit zunehmender Trockenheit und Hitze nimmt der Waldreichtum ab. Für den
Ackerbau sind aber überall im mittleren Rußland günstige Verhältnisse vor¬
handen. Der Boden ist fast überall für Körnerbau geeignet. Bis zu einer
Linie, die iiber Tula nach NO. läuft, besteht er aus Gletscherablagerungen.
Dann folgt nach S. fruchtbarer Löß. Vorwiegend wird Getreidebau be¬
trieben. In ben russischen Ostseeprovinzen baut man viel Flachs, in Polen
viel Zuckerrüben. Bei Tula (110000 E.) werden Steinkohlen gewonnen.
Tula und Moskau (1 200 000 E.), die alte Hauptstadt Rußlands, konnten daher
bedeutende Industriestädte werden (Bild 19.). Die Nähe der ober¬
schlesischen Kohlenlager, die sich noch weit auf russisches Gebiet fortsetzen,
förderte die Gewerbtütigkeit in den westrussischen Städten. So sind die meisten
Städte Polens gewerbtätig, besonders Warschau (780 000 E.) und Lodz
(spr. ludsch, 330 000 E.). In dieser Stadt gibt es große Baumwollfabriken.
Auch die einst vorwiegend deutsche Hafen- und Handelsstadt Riga
(290 000 E.), die englische Kohle auf dem Seewege beziehen kann, ist gewerb¬
tätig. An der großen Schifsahrtstraße der Wolga erblühten ebenfalls
Handelsplätze, wie Kasan 140000 E.) und Nischnij-Nowgorod (100000E.).
In dieser Stadt findet alljährlich eine große Handelsmesse statt.
Der Süden Rußlands. Die Ströme Dnjepr und Don zeigen bei ihrem
Laufe nach S. eine große Ähnlichkeit in der Richtung. Beide weichen in
einem spitzwinkligen Knie nach O. aus. Der Dnjepr mündet bei Cherson
(spr. kherßön) in den nordwestlichen Teil des Schwarzen Meeres, der Don
in das seichte Asowsche Meer. Durch die Halbinsel Krim wird dieses
Meeresbecken abgetrennt. Es steht durch die Straße von Kertsch mit dem
übrigen Schwarzen Meere in Verbindung. Die Südküste der Krim wird von
dem Jäila - Gebirge begleitet, das als eine Fortsetzung des mächtigen
Kaukasus zu betrachten ist. Der Kaukasus ist ein höheres und längeres
Gebirge als die Alpen. Er erhebt sich im Elbrus zu 5630 m und reicht vorn
Schwarzen bis zum Kaspischen Meere. In dieses münden der Ural-Fluß,
der vom Ural-Gebirge kommt, und die Wolga, der größte von allen
Strömen Europas. Drei Strecken sind in ihrem Laufe zu unterscheiden.
Die oberste Strecke geht nach O.; bei Kasan biegt der Strom rechtwinklig
nach S. um, endlich im Tieflande noch einmal nach SO. Hier beginnt die
große Deltabildung. Nach vielen Stromteilungen mündet die Wolga unter¬
halb Astrachans ins Kaspische Meer.
Der Boden Südrußlands besteht großenteils aus fruchtbarem Löß. Ein
hoher Gehalt an verwesten Pflanzenstoffen gibt ihm eine dunkle Färbung.
Besonders das Schwarzerdegebiet zwischen Charkow (spr. kharköff) und
Saratow (spr. ßaratoff) zeichnet sich durch große Fruchtbarkeit aus. Trotz¬
dem geht hier der Ackerbau zurück, weil der russische Bauer wenig zur Ver¬
besserung der Äcker tut. Oft leiden die Saaten auch unter der starken Kälte
des Winters oder unter der zuweilen alles Pflanzenleben verdörrenden
Trockenheit des Frühsommers.