Der Wellkrieg.
Zugleich eine Ergänzung zum „Rheinischen Realienbuch“.
Von Seminaroberlehrer P. J. Kreuzberg in Boppard.
2 Teil: Maärz bis Angust 1915.
erdinand Hirt in Breslau,
R llend und Verlagsbuchhandlung. Preis 5 Pf.
1. Hindenburg hält treue Wacht im Osten. Nach der Winterschlacht in Masuren ließ
Generalfeldmarschall Hindenburg die geschlagenen Russen auch weiterhin nicht zur Ruhe
kommen. Seine Armeen drangen unaufhörlich gegen die russische Festungslinie Grodno,
Ossowiec, Lomza, Ostrolenka, Pultusk, Nowo-Georgiewsk und Warschau in Polen vor.
Zwar bildeten die Russen nach der Vernichtung ihrer 10. Armee sogleich eine neue. Diese
rückte Anfang März aus der Festung Grodno gegen die deutschen Stellungen in den
Wald von Augustowo vor. Da ihr rechter Flügel beim Gegenangriff umfaßt wurde,
wich sie einer neuen Schlacht aus und zog sich fluchtartig zum Bobr zurück.
Der Einfall russischer Mordbrenner in das Gebiet von Memel am 18. März wurde
rasch abgeschlagen; auch aus Tilsit wurden die russischen Räuberscharen bald vertrieben.
Das deutsche Ostheer unter Hindenburg machte im März 55 800 Gefangene. Seit
Ende März haben russische Truppen deutschen Boden nicht mehr betreten, und die von
den Russen verwüsteten Dörfer und Städte Ostpreußens begann man seit dem Früh—
jahr wieder aufzubauen.
Die ungünstige Witterung der Frühjahrszeit verhinderte im April größere Unter—
nehmungen auf dem russischen und russisch-polnischen Kriegsschauplatz. Hindenburgs
Armeen aber hielten auch in Schlamm und Schmutz, in Regen und Sturm treue Wacht
im Osten. Bei Mariampol und Kalwarja wurden im April mehrere Angriffe der
Russen glatt abgeschlagen. Seit Ende April begann im Nordosten wieder eine leb—
haftere Tätigkeit: der Vorstoß unserer Truppen in die russischen Ostsee—
provinzen setzte ein. Der Einmarsch in Kurland begann am 27. April. Unsere Truppen
besetzten nach glänzenden Marschleistungen und einzelnen kleineren Gefechten am 8. Mai
Libau. Bei der Einnahme der Stadt haben deutsche Kriegsschiffe energisch mitgewirkt
und die Befestigungswerke der Stadt wirkungsvoll beschossen. Als nächstes Ziel galt
neben der Einnahme Libaus die Besetzung der Dubissalinie. Hierhin warfen die Rusfen
neue Streitkräfte, und am 22. u. 23. Mai entwickelten sich an der Dubissa blutige
Kämpfe. Die Russen mußten ihre starken Stellungen am Westufer des Flusses aufgeben
und sich über die Dubissa weiter zurückziehen. Die am 5. Juni auf der ganzen Linie
einsetzende Offensive schob unsere Linie ein beträchtliches Stück über den Fluß vor.
Durch feste Stellungen sicherte dann Hindenburg den erzielten vorläufigen Erfolg.
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