Full text: [Teil 2 = 4. bis 7. (8.) Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 2 = 4. bis 7. (8.) Schuljahr, [Schülerband])

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Todesnot, gibt seinem Pferde die Sporen, setzt über den Graben 
und ist den feindlichen Reitern am Wamse. Den einen haut er 
herunter zur Rechten, den andern zur Linken über das Gesicht, daß 
ihm das Sehen verging; die andern machten Kehrt. Der Leutnant 
fühlt freie Luft hinter sich. Wer mag der rettende Engel sein? Er 
bringt sein schäumendes Roß zum Stehen, und hinter ihm hält — der 
dumme Rekrut, sein Schmerzenskind, das freudestrahlend ihm ent— 
gegenruft: „Herr Leutnant, hab ich's nun recht gemacht?“ Der 
Leutnant will eben anheben zum Lobe, das zum erstenmal von seinen 
Lippen kommen soll; aber noch ehe er ein Wörtlein gesagt, da pfeift 
es aus dem nahen Gebüsch, und den treuen Westfalen trifft die töd⸗ 
liche Kugel durch den Helm mitten in die Stirn, daß er lautlos vom 
Pferde sinkt. 
8. Das war das Werk eines Augenblicks. Weinend wirft sich der 
Leutnant über den Gefallenen und ruft ihm in die Ohren: „Ja, ja, 
treue Seele, das hast du recht gemacht!“ Der hörte es freilich nicht 
mehr; aber das Lob ist hinaufgeklungen zum Himmel und hinein— 
gefallen in die Wagschale des ewigen Richters, der die Treue auf 
Erden ansieht. Nach Emil Frommel. 
262. Napoleons Begegnung mit Bismarck. 
Ein Brief Bismarcks an seine Gemahlin. 
Vendresse, 3. September 1870. 
Mein liebes Herz! Vorgestern vor Tagesgrauen verließ ich mein hiesiges 
Quartier, kehre heut zurück und habe in der Zwischenzeit die große Schlacht von 
Sedan am 1. erlebt, in der wir gegen 30 000 Gefangene machten und den Rest 
der französischen Armee, der wir seit Bar⸗le⸗Duc nachjagten, in die Festung warfen, 
wo sie sich mit dem Kaiser kriegsgefangen ergeben mußte. Gestern früh 5 Uhr, 
nachdem ich bis ein Uhr früh mit Moltke und den französischen Generalen über 
die abzuschließende Kapitulation verhandelt hatte, weckte mich der General Reille, 
den ich kenne, um mir zu sagen, daß Napoleon mich zu sprechen wünschte. Ich ritt 
ungewaschen und ungefrühstückt gegen Sedan, fand den Kaiser im offnen Wagen 
mit drei Adjutanten und drei zu Pferde daneben auf der Landstraße vor Sedan 
haltend. Ich saß ab, grüßte ihn ebenso höflich wie in den Tuilerien und fragte 
nach seinen Befehlen. 
Er wünschte den König zu sehen. Ich sagte ihm der Wahrheit gemäß, 
daß Se. Majestät drei Meilen davon, an dem Orte, wo ich jetzt schreibe, sein 
Quartier habe. Auf Napoleons Frage, wohin er sich begeben solle, bot ich ihm, da ich
	        
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