Full text: Bayerisches Realienbuch

4. Die Roggenähre ist aus vielen Ährchen zusammengesetzt. Löse sie los! 
Es bleibt ein Stiel übrig, die Spindel. Statt der Hüll- und Deckblätter hat das 
AÄhrchen Spelzen. Das sind lederartige Blattgebilde. Am Grunde jedes 
Ährchens sitzen zwei Hüllspelzen. Sie schließen zwei entwickelte Blüten und eine 
unentwickelte ein. Jede entwickelte Blüte hat zwei Deckspelzen (a u. b). Die 
untere (äußere) (a) ist mit einer Granne versehen. Die Granne ist mit kurzen 
Stacheln besetzt, wodurch sie die Insekten von Blüte und Frucht zurüchschreckt. 
Der Fruchtknoten ist von zwei sehr zarten Häutchen, den eigentlichen Kron— 
blättern (c), eingeschlossen; die Bestäubung geschieht durch den Wind. (S. 28.) 
Daher hängen die drei Staubblätter (d) zur Blütezeit weit hervor, damit der 
Wind sie leicht bewegen und den Blütenstaub weithin streuen kann. An 
trockenen Tagen sieht man auf dem Roggenfelde zur Blütezeit morgens früh 
oft förmliche gelbe Staubwolken. Auch die Narben (e) ragen weit heraus, um 
so den Blütenstaub bequem aufnehmen zu können. Damit sie recht viel Blüten— 
staub festhalten können, sind sie federförmig gestaltet. Auch hat jeder Frucht— 
knoten eine doppelte Narbe. 
5. Mutterkorn. Aus einigen Roggenähren ragt zuweilen ein großes, 
schwarzblaues Korn hervor; das ist das sogenannte Mutterkorn. Es ist ein 
Pilz, der zur Blütezeit des Roggens in den Fruchtknoten eindringt und in kurzer 
Zeit zu einem schwarzblauen, hornartigen Körper heranwächst. Das Mutterkorn 
enthält Gift, und der Müller muß sorgsam darauf achten, daß es nicht zwischen 
das Mehl gerät, da sein Genuß schädlich ist. 
28. Bestellung des Ackers. 
Um den Acker ertragfähiger zu machen, lockert ihn der Landmann durch 
Graben oder Pflügen auf. Luft und Wasser können dann leichter in den Boden 
eindringen und die in ihm ruhenden festen Nahrungsstoffe, als Kalk, Phosphor 
usw. (S. 9), auflösen. Durch fortwährendes Bepflanzen werden dem Erdboden 
die Nährstoffe nach und nach entzogen, und daher ist es notwendig, sie wieder 
zu ersetzen. Das geschieht durch das Düngen. Außer dem Stalldünger ver— 
wendet man seit 1842 dazu auch den Guano. Das ist zersetzter Vogelmist der 
Pelikane u. a. Seevögel, der sich auf einigen Inseln bei Peru in 30 mn dicken 
Schichten vorfindet. Auch Chilisalpeter, Ammonsalze, Kalisalze, Thomasschlacke, 
Gips und Mergel sind geeignet, den Boden fruchtbar zu machen. Verschiedene 
Pflanzen verlangen auch verschiedene Nährstoffe. (S. 9.) So sind z. B. 
Rüben und Kohl vorzugsweise Kalipflanzen; Klee, Erbsen und Bohnen gedeihen 
am besten auf Kalkboden; Getreidearten und Gräser aber entnehmen dem 
Boden besonders viel Kiesel, Phosphor und Stichstoff. Der Landmann tut daher 
gut, bei Bestellung seiner Felder alljährlich mit Kali-, Kalk-, Kieselpflanzen usw. 
abzuwechseln. (Wechselwirtschaft.) 
39. Unkrãuter. 
Zum Verdrusse des Landmanns drängen sich in die Kornfelder allerlei Un— 
kräuter, als Kornblumen, Klatschrosen, Raden, Trespen, Winden, Wucherblumen, 
Disteln u. a. Viele dieser Eindringlinge machen sich ungebührlich breit und 
rauben den Halmen Nahrung, Luft und Licht. Die unverschämtesten Burschen 
1I 24.
	        
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