fiel durch einen Vertrag (870) auch der größte Teil Lothringens an Ludwig, der nun
alle noch deutschredenden Stämme beherrschte.
2. Zerfall des Reiches. Die Nachfolger Ludwigs des Deutschen waren meist
sehr schwache Fürsten. Sie konnten weder Recht und Ordnung im Lande schützen,
noch äußere Feinde abwehren.
Ludwigs Sohn, Karl der Dicke, vereinigte zwar noch einmal auf kurze Zeit alle drei
Reiche, wurde aber 887 abgesetzt, weil er das Reich gegen die Feinde nicht zu schützen ver—
mochte. Ihm folgten noch Arnulf von Kärnten und Ludwig das Kind. Ludwig war erst
911 sieben Jahr alt, als ihm die Krone zufiel. Er starb 911: mit ihm erlosch das Geschlecht der
Karolinger.
Je mehr die Macht des Königs sank, desto höher stieg die Macht der Großen
im Reiche. Diese waren unablässig darauf bedacht, ihr Besitztum zu vergrößern
und die Zahl ihrer Lehensleute zu vermehren. Immer mehr sonderten sich die
fünf deutschen Stämme voneinander, und bald legten sich die mächtigsten Grafen
von Franken, Sachsen, Bayern, Schwaben und Lothringen die Würde
eines Herzogs bei. Die Herzöge aber regierten ihr Land nach eigenem Ermessen
und kümmerten sich wenig um den König. Zu diesem inneren Zerfall des Reiches
kamen noch Angriffe von feindlichen Nachbarvölkern. Die Slawen drangen über
die Elbe und Saale vor. Von Dänemark und Norwegen fuhren die Normannen
Nordmänner) auf ihren Drachenschiffen übers Meer, um an den deutschen Küsten
zu rauben und zu plündern. Sie wagten sich die Flüsse hinauf und kamen bis
Koblenz, Trier, ja bis in die Gegend von Metz. Weit größeres Unglück aber brachten
die Ungarn über das Reich, die auf ihren flinken Rossen Raubzüge bis an den Rhein
unternahmen.
V. SGründung der deutschen Kailermachit.
1. Heinrich J. 919936.
gli 1. Konrad J. 911-918. Asb der letzte Karolinger, Ludwig das Kind, 911
gestorben war, wählten die Herzöge und Bischöfe des Reiches den Herzog Konrad
von Franken zum Könige. Von jetzt an war Deutschland ein Wahl—
reich; doch wählte man den König in der Regel aus dem Stamme seines Vor—
gängers und verband so Wahl und Erblichkeit. Konrads Macht und Ansehen im
Reiche war zu gering, um die Herzöge zum Gehorsam zu zwingen. Der Herzog
von Lothringen schloß sich sogar an Frankreich an. Auch mit dem Sachsenherzog
Heinrich geriet Konrad in Streit. Die langen, aber wenig erfolgreichen Kriege
machten den König mutlos und alt vor der Zeit. Als er auf dem Sterbebette lag,
rief er seinen Bruder Eberhard zu sich und sprach zu ihm: „Nimm den Königs⸗
mantel, das Schwert und die Krone unserer alten Könige, bringe sie Heinrich
und mache Frieden mit ihm. Denn uns fehlt das Glück und die rechte Sinnesart;
beides fiel Heinrich von Sachsen zu.“ — So hat der wackere König in seiner Sterbe—
stunde Größeres für das Reich getan, als ihm im Leben zu vollbringen möglich war.
2. Heinrich wird König. Eberhard, der bisher Heinrichs größter Feind ge—
wesen war und jetzt selber gern König geworden wäre, führte den empfangenen
Auftrag getreulich aus. Herzog Heinrich von Sachsen war bereit, die Krone an—
zunehmen. Wie die Sage erzählt, empfing er die Gesandtschaft am Finkenherd und
sagte: „Ich weiß wohl, wie schwer eine Krone drückt; aber wenn so biedere Fürsten