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ihren Reichtum; als der Herzog ein Heer rüstete, um die Stadt zu erobern,
sagte einer der Bürgermeister im Rate: „Braunschweig ist so reich, daß die
Bürger vor jedes der Stadttore eine Braupfanne setzen und sie mit Goldstücken
anfüllen könnten." Im Jahre 1605 versuchte es Heinrich Julius, die Stadt mit
List zu nehmen, aber der Plan scheiterte.
Er ließ nämlich zwölf große Frachtwagen zurichten und mit Packfässern belegen. In
die Packfässer aber wurden Soldaten gesetzt. Vor den Frachtwagen her fuhren zwei
Kutschen mit Offizieren, die sich als Kaufleute verkleidet hatten. So kamen sie ans
Ägydientor (jetzt Augusttor). Hier überlisteten sie die Wache und machten sie nieder.
Dann krochen die Soldaten aus ihren Fässern hervor und besetzten einzelne Teile der
Stadtmauern. Die Bürger eilten zur Wehr, und nun begann ein hartnäckiger Kampf.
Schon hatte er bis 3 Uhr morgens angehalten. Da entstand plötzlich ein so furchtbarer
Platzregen, daß den Musketieren die Lunten verloschen. Jetzt sank den Bürgern der Mut,
und sie suchten mit dem Feinde Unterhandlungen anzuknüpfen. Als aber der Trompeter
das Zeichen zum Aufhören des Kampfes geben sollte, schlug eine Kugel neben ihm ein,
und in der Verwirrung fing er an, schmetternd Lärm zu blasen. Ein furchtbarer Schrecken
entstand. Freund und Feind verließen den Wall. Da stellte sich der alte Jürgen von der
Schulenburg den fliehenden Bürgern entgegen, führte sie zum Angriff und zwang nach
kurzem Widerstande die Herzoglichen zur Flucht.
Nun versuchte der Herzog eine regelrechte Belagerung der Stadt. Er ließ
vor allen Toren Schanzen auswerfen und die Oker stauen, so daß in der Stadt
eine große Wassersnot entstand. 1606 wurde ein Waffenstillstand abgeschlossen,
aber zu einem wirklichen Frieden kam es nicht. Erst dem Sohne des Herzogs,
Friedrich Ulrich, leisteten die Braunschweiger ben Huldigungseid. In den alleinigen
Besitz der Herzöge von Braunschweig-Wolfenbüttel kam die Stadt erst 1671 unter
Herzog Rudolf August. Dieser unterwarf die Stadt nach hartnäckiger Belagerung
und zwang sie, eine herzogliche Besatzung aufzunehmen. Die Stadt war damals
durch die Geldopfer, die der Dreißigjährige Krieg forderte, und durch den Rück¬
gang des Handels fast gänzlich verarmt. Rudolf August wandte alles auf, um
die Schulden der Stadt zu tilgen und ihren Glanz und Wohlstand zu heben.
1753 verlegte Herzog Karl I. seine Residenz wieder nach Braunschweig. (Deutsche
Jugend 4: Herzog Heinrich Julius und die Stadt Braunschweig.)
3. Hennig Brabant. Die Bewohner der Stadt Brannschweig schieden sich
damals in Vornehme oder Geschlechter und in Bürger. Zu den Bürgern ge¬
hörten auch die Handwerker. Zwischen beiden Parteien bestand schon seit langer
Zeit eine arge Feindschaft. Die Feindschaft rührte daher, daß die Ratsherren,
die die Stadt verwalteten, nur aus den vornehmen Geschlechtern gewählt
wurden. Die Handwerker und die anderen Bürger verlangten aber Anteil an
der Stadtverwaltung. Ein mutiger und gelehrter Wortführer der Bürger und
Handwerker, der Bürgerhauptmann Hennig Brabant, hatte mit Hilfe der Stadt¬
geistlichen und anderer Bürgerhauptleute erreicht, daß ein neuer Rat gewählt
wurde. 1602 legten 28 Ratsherren ihr Amt nieder. An ihre Stelle traten
Bürger und Handwerker. Hennig Brabant, der damals der gefeiertste Mann der
Stadt war, hatte das Haupt verdienst an dieser Neuordnung. Aber das Glück
ist unbeständig. Infolge der Belagerungen durch den Herzog mußte die Stadt
ein großes Verteidigungsheer unterhalten. Die Unterhaltung kostete viel Geld
und bürdete den Bürgern hohe Steuern auf. Der Handel stockte völlig, und die
Unzufriedenheit unter den Bürgern war auch unter dem neuen Regiment groß.