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maligen geistlichen Gebiete von Cöln und Trier, sowie andere kleinere Gebiete
zugesprochen, so daß hier eine neue Provinz, die Rheinprovinz, gebildet werden
konnte. — Das deutsche Kaisertum konnte nicht wieder hergestellt werden. Die
beiden Großmächte Österreich und Preußen und noch 37 Staaten vereinigten sich
zum Deutschen Bunde. Die gemeinsamen Angelegenheiten desselben verwaltete
der Bundestag zu Frankfurt am Main, der aus Vertretern der Regierungen
bestand. Österreich führte den Vorsitz. Über die erhoffte Volksvertretung wurde
bestimmt: „In allen Bundesstaaten wird eine landständische Verfassung stattfinden."
Die Vaterlandsfreunde mußten also weiter warten und hoffen auf ein einheitliches
deutsches Reich und auf Mitwirkung des Volkes bei der Gesetzgebung.
g) Die Fric-enszeit von M5—18^0.
Friedrich Wilhelm III. suchte die Kriegswunden in seinem Lande zu heilen, und
bald nahm die Landwirtschaft einen kräftigen Aufschwung. Die Ablösung der Erb¬
untertänigkeit machte Fortschritte. Als Entschädigung mußten die Bauern den Lehns¬
herren den 25fachen Betrag der jährlichen Dienstleistung zahlen. Die Regierung erleichterte
ihnen die Zahlung, indem sie das Geld lieh und allmähliche Rückzahlung gestattete.
Wiese und Wald, die bis dahin gemeinsam benutzt wurden, verteilte man an die Ge¬
meindeglieder, und statt der zerstreut liegenden Ackerstreifen erhielt jeder größere Stücke
(Koppeln). Die Dreifelderwirtschaft hörte auf, weil der Klee- und Kartoffelbau eine
Brache unnötig machte. Neben der Weidefütterung führte man die Stallfütterung ein.
Die Naturwissenschaft lehrte die verschiedenen Bodenarten richtig behandeln und düngen,
um die Erträge zu erhöhen. Das wirtschaftliche Leben wurde durch die Einführung
von Dampfmaschinen völlig umgestaltet. Zahlreiche Fabriken, die den Dampf als trei¬
bende Kraft benutzten, beschäftigten Tausende von Arbeitern. So bildete sich neben dem
Adels-, Bürger- und Bauernstand ein vierter, der Arbeiterstand aus. 1825 entstand eine
regelmäßige Dampfschiffahrt auf dem Rhein. Die erste Eisenbahn zwischen Nürnberg
und Fürth wurde 1835 dem Betriebe übergeben. Von großer Wichtigkeit war die
1634 Gründung des Deutschen Zollvereins (1834). Bis dahin war nämlich die Einfuhr
der Waren aus einem Bundesstaat in den anderen nur gegen Zoll gestattet. Das war
ungemein lästig und hemmte den Handel sehr. Durch den Zollverein hörte der Zoll
auf, und nun blühte der Handel bald kräftig empor. Der Zollverein war das
erste Band, das Preußen um die deutschen Länder schlang, und bereitete
die künftige Einigung vor. Um das Land besser verwalten zu können, teilte man
es in Provinzen, Regierungsbezirke und Kreise. An die Spitze der Provinz
wurde ein Oberpräsident, an die Spitze eines Regierungsbezirks eine Regierung,
deren Vorsitzender der Regierungspräsident ist, und an die Spitze eines Kreises der
Landrat gesetzt. Sehr viel Gewicht legte Friedrich Wilhelm III. auf die Bildung des
Volkes. Deshalb gründete er viele neue Schulen. Auch führte er die allgemeine
Schulpflicht ein. — Wie er selber ein frommes Herz hatte, so suchte er auch in seinem
Volke kirchlichen Sinn und wahre Gottesfurcht zu verbreiten. „Ich möchte/' sagte er
einmal, „um vieles nicht über ein Volk herrschen, das keine Religion hätte."
1817 1817 vereinigten sich auf seinen Wunsch die Lutherischen und Reformierten zur evan¬
gelischen Union.
XIII. Gründung des neuen Deutschen Reiches,
i. fmdricb Mlbelm IV. 1840—1861.
1. Verfassungsfrage. In fast allen Ländern regierten damals die Fürsten
nach ihrem eigenen Willen. Sie gaben Gesetze und legten Steuern auf, ohne
die Meinung des Volkes zu hören. (Unbeschränkte Monarchie.) Auch in Preußen
war das der Fall. Nachdem aber das Volk in den Freiheitskriegen fein Blut