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Aufstand der Eingeborenen niederzuwerfen. Die meisten Schwierigkeiten machte
in letzter Zeit Südwcstafrika. Hier erhoben sich 1904 zuerst die Herero. Ihnen
schlossen sich mit einer förmlichen Kriegserklärung die Hottentotten an. Die
grausamen Morde an Missionaren und Ansiedlern forderten eine strenge Be¬
strafung. Unsere Freiwilligen haben schwere Gefechte gegen den gut bewaffneten,,
landeskundigen, grausamen Feind bestanden und mit Hunger, Durst und Krank¬
heiten in dem wilden, wasserarmen Lande heldenmütig gekämpft. Wie in China,
so haben sich auch hier die deutschen Waffen mit Ruhm bedeckt.
6. ñls Lanäesvaler. Des Kaisers Wahlspruch ist: „Allweg gut Zolre!"
Und er ist ein echter Hohenzoller. Seine Untertanen glücklich zu machen, ist
sein Ziel. Er bemüht sich besonders, die Lage der wenig bemittelten Volks¬
schichten zu verbessern. Darum hat er die von seinem Großvater für den
Arbeiterstand begonnene Gesetzgebung fortgesetzt. Das Alters- und Juvalidi-
tätsversicherungsgesetz sichert den Arbeitern eine regelmäßige Unterstützung
(Rente), wenn sie erwerbsunfähig werden oder ein Alter von 70 Jahren er¬
reicht haben. Gewerbegerichte sind eingeführt, um Streitigkeiten zwischen
Arbeitgebern und Arbeitern zu schlichten. Die Arbeiterschutzgesetze sorgen für
gesunde Arbeitsräume und besondere Schutzvorrichtungen bei gefährlichen Arbeiten.
Das Kinderschutzgesetz bewahrt die Kinder vor zu langer und ungesunder
Arbeit in gewerblichen Betrieben. Die Gesetze über die Sonntagsruhe und
den Neunuhr-Ladenschluß wollen Arbeitern und Angestellten die notige Zeit
fiir Ruhe und Erholung verschaffen. Um die kleineren Einkommen zu entlasten
und die Steuer gerechter zu verteilen, wurde in Preußen die steigende Ein¬
kommensteuer auf Grund der Selbsteinschätzung eingeführt. Je größer
ein Einkommen ist, desto stärker wird es besteuert. Ein Verdienst bis zu 900
bleibt steuerfrei. Wer mehr als 3000 Jis einnimmt, muß selbst der Steuer¬
behörde darüber genaue Angaben machen.
7. Künsten unci Missenlcbasten bringt der Kaiser großes Verständnis
und rege Teilnahme entgegen. Gern hört er Vorträge der Gelehrten; oft besucht
er die Werkstätten der Künstler und gibt ihrem Schaffen neue Aufgaben. Seiner
Residenzstadt Berlin stiftete der Kaiser aus eigenen Mitteln in der Siegesallee
32 Marmorstandbilder der Herrscher von Albrecht dem Bären bis zu Wilhelm I.
Am 100. Geburtstage seines Großvaters enthüllte der Kaiser das von dem
deutschen Volke errichtete Nationaldenkmal für Wilhelm I. Große Bauten, wie
das Reichstagsgebäude, vor dem sich das Standbild des ersten Reichskanzlers,
des Fürsten Bismarck erhebt, und der Dom, tragen zur Verschönerung der Haupt¬
stadt bei.
8. Familie. Am 27. Februar 1881 vermählte sich Prinz Wilhelm mit der
22 Prinzessin Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg.
Okt. Sie ist am 22. Oktober 1858 zu Dölzig bei Sommerfeld geboren und verlebte
1856 qjre Jugend auf dem Schlosse Primkenan in Schlesien. Armen Gutes zu tun,
war schon früh ihre Lust. Von ihrem Taschengelde ersparte sie stets etwas für
die Armen des Ortes, und häufig ging sie in die niedrigsten Hütten, um Kranken
Trost und Hilfe zu bringen. Die Herzen des deutschen Volkes hat sich die hohe
Frau durch ihre Anmut, Freundlichkeit und schlichte Frömmigkeit sehr bald er¬
worben. Auch als Kaiserin macht es ihr Freude, Werke der Liebe und Barm-