fullscreen: Charakterbilder aus der Geschichte der alten und beginnenden neuen Zeit (Bd. 1)

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Verfall. Jeroboam- 
baren Nutzen, das Volk keinen; im Gegenteil klagte dasselbe über Druck und Belastung. 
Mit dem wachsenden Reichtum stieg aber in Jerusalem der Luxus und die Sittenlosigkeit, 
welche ohnehin schon an dem König und seinem Hofe ein schlimmes Vorbild hatten. 
Salomon hatte sich anfangs als einen treuen Anhänger Jehovas bewiesen und religiöse 
Gesinnungen betätigt, welche er in dreitausend Sprüchen und tausend Liedern in orientalischer 
Weise aussprach, so daß der Ruf seiner Weisheit sich weit über Israels Grenzen verbreitete. 
Aus fernen Ländern kamen Fremde, unter ihnen eine Königin von Saba im glücklichen 
Arabien, um Solomons Weisheit zu hören und in Rätseln ihn zu versuchen. Dieser viel- 
gerühmten Weisheit ungeachtet wurde aber Salomon seinen Grundsätzen untreu und neigte 
sich aus Schwäche gegen seine heidnischen Weiber zur Abgötterei; dadurch aber beleidigte er 
zunächst die Propheten und Priester. Auch das Volk ward der Regierung Salomons all- 
mählich überdrüssig. Denn so glänzend auch ihre Außenseite war, da bei dem fortdauernden 
Frieden Handel, Industrie, Kunst und Wissenschaft emporblüten, so lag in derselben doch 
schon der Keim des nahen Verfalls. Die Bewohner der Provinzen hatten von dem glän- 
zenden Hofstaate in Jerusalem keinen Gewinn; das von Salomon eingeführte Zentralisations- 
system, das Jerusalem zum Sitze des Priester- und Beamtenstandes erhob, brachte ihnen nur 
Schaden, weil alle Abgaben in die Hauptstadt flössen und man dort gegen das willkürliche 
und ungerechte Verfahren der vermehrten Beamten kein Recht finden konnte. Dies erregte 
Unzufriedenheit, welche noch in den letzten Jahren der Regierung Salomons zum Ausbruche 
kam. Es entstand eine Verschwörung, an deren Spitze der Ephraimite Jeroboam stand, 
welcher einen großen Anhang gewann. Als dieser eines Tages vor Jerusalem aufs Feld 
hinausgegangen war, kam ihm der Prophet Ahias entgegen, riß den neuen Mantel, mit dem 
er bekleidet war, in zwölf Stücke und sprach zu Jeroboam: „Nimm dir zehn Stücke! denn 
also spricht Jahve, der Gott Israels: Siehe, ich will das Königtum aus der Hand Salomons 
reißen und dir zehn Stämme geben, weil er mich verlassen und die Götzen angebetet hat." 
Salomon erfuhr diesen Vorgang und suchte Jeroboam zu töten; doch dieser floh nach 
Ägypten, wo er bis zum Tode Salomons blieb. — Die offen sich kundgebende Unzufriedenheit 
suchten einige benachbarte, von Israel abhängige Fürsten zum Abfalle zu benutzen. So wollte 
sich der Edomiterfürft Hadad unabhängig machen, was ihm aber nicht gelang. Glücklicher 
war Reson, welcher an der Spitze einer Räuberbande sich der Stadt Damaskus bemächtigte 
und dort das syrische Reich gründete, welches für Israel bald sehr gefährlich wurde. So 
standen die Verhältnisse, als Salomon nach vierzigjähriger Regierung, alles menschlichen 
Wissens und Strebens und Vergnügens satt geworden, starb und den Thron seinem einzigen 
Sohne Rehabeam hinterließ. 
Die Propheten. 
1. Was das Judenvolk für andere Völker sein sollte, ein Spiegel, ein Wegweiser, das 
waren ihm selbst die Propheten, Männer, welche nach bestimmtem Auftrage Gottes das 
Predigtamt zu verwalten hatten und dazu mit besonderer Gnadengabe ausgerüstet waren. 
Dem Wesen des Alten Bundes gemäß schloß die Wirksamkeit der Propheten vor allem die 
Kenntnis der Zukunft ein, so daß diese Gnade schlechthin als prophetische Gabe bezeichnet 
wird. Das Prophetentum war kein außergewöhnliches, sondern ein regelmäßiges Mittel in 
der Hand Jehovas, sein Volk zu leiten. Schon Noe heißt „der Prediger der Gerechtigkeit"; 
Abraham wird in einer solchen Weise Prophet genannt, daß die Kenntnis dieses Begriffes
	        
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