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Chemie und Mineralogie.
Allgemeines.
§ 106. Das Mineralreich. Die Mineralien sind leblose Naturkörper,
welche keine Werkzeuge für die Bewegung, Ernährung, Empfindung unb
Vermehrung besitzen. Sie sind so zusammengesetzt, daß auch der kleinste
Teil ganz dieselben Eigenschaften besitzt wie das Ganze. Sie kommen ent¬
weder in bestimmter, regelmäßiger Form vor (als Krystalle), oder sie sind
gestaltlos. Krystalle entstehen durch Auflösung eines festen Körpers
in einer Flüssigkeit und durch Abdampfen (Kochsalz), oder durchSchmelzen
eines Körpers und Erstarrenlassen (Schwefel).
Die Krystallisation ist ein wichtiges Erkennungsmittel der Minerale;
denn ein und dasselbe Mineral krystallisiert stets in einer bestimmten Form.
An jedem Krystall unterscheidet man: Flächen, Kanten und Ecken. Die
einfachste Krystallform kommt beim Kochsalz vor (Würfel). Zur Bestimmung
einer Krystallform denkt man sich innerhalb des Körpers gerade Linien,
die sich im Mittelpunkte desselben schneiden und in zwei gegenüber¬
liegenden Ecken oder in der Mitte gegenüberliegender Seiten endigen. Sie
heißen Achsen. Die Zahl der verschiedenen Krystallformen ist sehr groß;
jedoch lassen sich alle aus gewisse Grundformen zurückführen. Solche
sind z. B. der Würfel, die sechsseitige Säule, die Pyramide.
Bei der Beschreibung der Mineralien achtet man auf ihre Härte, auf
ihr specifisches Gewicht, auf ihr Verhalten zur Wärme und zum Licht,
auf ihre Spaltbarkeit und ihren Bruch. Von zwei Mineralien ist das¬
jenige das härtere, welches das andere ritzt. Man hat danach eine Härte¬
skala aufgestellt, in welcher die Mineralien so geordnet sind, daß jedes
folgende das vorhergehende ritzt. Das weichste ist mit eins, das härteste
mit zehn bezeichnet. Diese Skala heißt: 1. Talkstein, 2. Gips, 3. Kalkspat,
4. Flußspat, 5. Apatitspat, 6. Feldspat, 7. Quarz, 8. Topas, 9. Korund,
10. Diamant.
Das Gewicht der meisten Mineralien ist größer als das des Wassers.
So beträgt das specifische Gewicht des Eisens 7, von Blei 11. Kalium, Natrium,
Erdöl u. a. sind leichter als Wasser.
Manche Mineralien verflüchtigen sich schon bei gewöhnlicher Tem¬
peratur (Quecksilber); sie heißen flüchtige Mineralien. Viele gehen erst
bei größerer Erwärmung aus dem festen in den flüssigen Zustand über;
sie schmelzen. Nach dem Grade ihrer Schmelzbarkeit unterscheidet man:
leichtschmelzbare (Blei, Zinn), schwerflüssige (Silber, Gold), streng¬
flüssige (Eisen, Platina), unschmelzbare (Graphit, Quarz).
Das Verhalten der Mineralien zum Licht bestimmt man nach ihrer
Durchsichtigkeit, nach ihrem Glanz (Fettglanz, Metallglanz) und nach
ihrer Farbe. Die meisten krystallisierten Mineralien sind spaltbar,
d. h. sie zerfallen beim Zerschlagen in Bruchstücke, die von ebenen Flächen
begrenzt sind. Spaltbar sind: Kalkspat, Gips, Glimmer u. a. Die nn-
krystallisierten Mineralien zeigen an den Bruchflächen entweder erdigen (Kreide),
muscheligen (Feuersteins oder splitterigen (Quarz) Bruch.