fullscreen: Vaterländische Geschichte

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Eine weitere Förderung erhielt das industrielle Leben durch die Gründung 
des Deutschen Reiches, dessen Macht deutschem Fleiß und deutschem Unter¬ 
nehmen den notwendigen Schutz gewährte, und durch die von Frankreich ge¬ 
zahlte Kriegskostenentschädigung. Fabriken und industrielle Anlagen 
entstanden in großer Zahl. Gewerbliche Erzeugnisse wurden in großen Mengen 
hergestellt, und das Vaterland war bald nicht mehr imstande, alle diese Güter 
zu verbrauchen. Neue Absatzgebiete mußten gewonnen werden. Die Waren 
mußten ins Ausland verschickt werden; von dorther mußten auch mannigfache 
Rohstoffe (Baumwolle) eingeführt werden. Damit sah sich Deutschland vor 
die Aufgabe gestellt, gleich anderen Völkern sich am Welthandel und an der 
Weltwirtschaft zu beteiligen, wenn sein gewerbliches Leben sich auf der 
Höhe erhalten und für den ständigen Bevölkerungszuwachs (jährlich rund 
900 000 Seelen) Beschäftigung und damit Brot geschaffen werden sollte. Diese 
Ausgabe ist gelöst worden, ein weiteres Aufblühen der Industrie war die Folge; 
die Erzeugung von Waren aller Art stieg ins Ungeheure. 
Da traten nach und nach auch die Schattenseiten dieses riesigen Auf¬ 
schwungs ein. Der kleine Handwerker war allmählich verdrängt worden, 
es wurde ihm sehr schwer, den Wettbewerb des Großbetriebes auszuhalten. 
Viele Handwerker (Tischler, Schlosser) gaben daher ihren selbständigen 
Beruf auf uud traten in eine Fabrik ein. Andere suchten sich durch 
Zusammenschluß zu Genossenschaften zu fchützen, um auf diese Weise 
leistungsfähig zu bleiben. Solche Vereinigungen dienen dein gemeinschaftlichen 
Bezug von Rohstoffen, dem Verkauf der hergestellten Waren, vor allem aber 
dazu, dem einzelnen Handwerker das sür sein Geschäft notwendige Geld 
zu beschaffen. 
Aber auch in den Kreisen der Fabrikanten empfand man bald das Be¬ 
dürfnis eines derartigen Zusammenschlusses. Die fortgesetzte Massenerzeugung 
von Gütern aller Art hatte zur Folge, daß zu gewissen Zeiten die Waren 
nicht den entsprechenden Absatz fanden. Solche zu überstehen, wurde dem 
einzelnen Unternehmer nicht leicht. Einer Vereinigung der Fabrikanten, 
die dieselben Waren herstellten, war dies schon eher möglich, zugleich konnte 
sie den Absatz besser übersehen und infolgedessen die Erzeugung der Waren 
danach einrichten, endlich hatte sie es auch in der Hand, den Preis festzusetzen. 
So entstanden die Verbindungen der Unternehmer. (Ring, Kartell.) 
Das Aufblühen der Industrie hatte noch andere bedeutende Folgen. 
Große Arbeitermassen zogen nach den Jndustrieorten; diese wuchsen 
sehr rasch, während das platte Land sich mehr und mehr entvölkerte. Schon 
im Jahre 1895 zählte man im Deutschen Reiche 6 Millionen Industriearbeiter, 
wozu noch l1/, Millionen traten, die ihr Brot im Handel und Transport¬ 
gewerbe verdienten. Diese Zahlen wuchsen bis zum Jahre 1907 auf 
8'/2 Millionen Industriearbeiter und 2 Millionen im Handel und Verkehr 
Beschäftigter an. Für diese waren die Zeiten wirtschaftlichen Stillstandes von 
den übelsten Folgen. Wenn die Aufträge sparsam eingingen, dann sah sich 
der Fabrikherr zu Arbeiterentlassungen genötigt. Arbeitslosigkeit trat in 
vielen Fällen ein, Brotlosigkeit und Not in den Arbeiterfamilien war die
	        
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